1956 wurde Sharon Jones in Augusta, Georgia geboren, und die Musik hat sie seit frühesten Kindheitstagen stets begleitet: Sie hat im Kirchenchor, in verschiedenen Bands, auf Hochzeiten und Studiosessions gesungen, doch ihre eigentliche Karriere begann erst im Alter von 37 Jahren. Durch einen glücklichen Zufall lernt sie die späteren Gründer des Daptone-Labels kennen, die das Potenzial von Sharon Jones sofort erkannten. Nach Tourneen mit den Drifters und Maceo Parker veröffentlichen Sharon Jones und die mittlerweile gegründeten Dap Kings ihr Album Dap Dippin‘, das den Grundstein für einen aufsehenerregenden Werdegang gelegt hat. Ein Album, das als Initialzündung für den erstarkenden Soul-Hype angesehen werden kann, der solche Künstler wie Mark Ronson, Mayer Hawthorne, Adele und nicht zuletzt Amy Winehouse hervorgebracht hat. Im Oktober hat Daptone Records sein zehnjähriges Bestehen gefeiert, im Zuge dessen auch Sharon Jones & The Dap Kings ein neues Album veröffentlicht haben: Soul Time! Ein Interview mit der Queen Of Soul über Veränderung, die aktuelle Soul-Szene und Ehrfurcht vor der Musik.
Du machst bereits dein ganzes Leben lang Musik. Vor 15 Jahren hast du dich dann mit deiner Band, den Dap Kings, zusammengetan und nun feiert euer Label Daptone Records bereits 10-jähriges Bestehen. Inwiefern hat sich eure Musik in den letzten Jahren verändert?
Sharon Jones: Verändert haben sich vor allem die Umstände, unter denen wir unsere Musik machen. Unser erstes Album Dap Dippin‘ haben wir in einem einfachen kleinen Raum bei uns im Keller aufgenommen, der war höchstens sechs Quadratmeter groß. Das zweite Album haben wir dann bereits in dem Gebäude aufgenommen, dass wir jetzt in New York gemietet haben. Da haben wir unten unser Studio eingerichtet, und das hat auch einen Einfluss auf den Sound gehabt. Musikalisch geht und ging es bei uns aber immer um Funk, R’n’B und Soul. Und wie der Titel Soul Time! bereits verdeutlicht, liegt der Fokus bei der neuen Platte auf letzterem.
Sind die heutigen Zeiten denn gute Zeiten für Soul-Musik?
Sharon Jones: Natürlich. Soul-Musik passt in jeder Zeit. Das ist ja das Schöne an ihr.
Wie groß ist die Soul-Szene in Amerika denn heutzutage?»Ich habe nun mal diese Stimme, mit der Gott mich gesegnet hat. Und mittlerweile haben wir auch schon seit zehn Jahren unser eigenes Label, mit der ich meiner Ehrfurcht vor der Musik auf ehrliche Art und Weise ausleben kann.«
Sharon Jones
Sharon Jones: Die ist im Zuge des großen Hypes vor einigen Jahren wieder riesig gewachsen, und das tut sie auch heute noch. Durch diese ganzen jungen Leute, die jetzt versuchen, auch mal ein bisschen Soul und R’n’B zu singen und sich damit brüsten, die »Oldschool« zurück ins Spiel zu bringen, ist sie immer größer geworden. Man sollte aber nicht vergessen: Wir machen diese Musik schon seit vielen Jahren. Trotzdem ist es toll, wenn sich auch weiterhin junge Leute dafür begeistern. Und man muss sich ja nur mal ansehen, wen wir unterwegs alles aufgegabelt haben: Amy Winehouse war brilliant.
Stimmt es eigentlich, dass du zu Beginn deiner Karriere von einigen Plattenfirmen abgelehnt worden bist?
Sharon Jones: Allerdings. Das ist mittlerweile über 30 Jahre her, aber ich bin immer noch da. Ich war ja schon fast 40, als ich angefangen habe, mit den Dap Kings diese Funk- und Soul-Geschichten zu machen. Als ich in meinen 20ern war, haben mir die Leute bei den Plattenfirmen überall gesagt, ich wäre zu dunkelhäutig, sähe nicht gut genug aus, wäre zu klein und zu fett. Und als ich dann die 25 überschritten hatte, war ich auf einmal zu alt. Aber heute stehe ich immer noch regelmäßig auf der Bühne und veröffentliche Platten. Und ich bin immer noch dunkelhäutig, klein und angenehm rund und noch viel älter – es ist also immer noch dasselbe. Ich habe nun mal diese Stimme, mit der Gott mich gesegnet hat. Und mittlerweile haben wir auch schon seit zehn Jahren unser eigenes Label, mit der ich meiner Ehrfurcht vor der Musik auf ehrliche Art und Weise ausleben kann.
Was wäre Sharon Jones ohne die Dap Kings?
Sharon Jones: Sharon Jones wäre immer noch Sharon Jones, aber ihr würde definitiv etwas fehlen. Denn mit den Dap Kings habe ich Leute getroffen, die als Band genau meiner Vorstellung von einer Band entsprechen und die, genau wie ich, mit einem Talent, einer Gabe und einem Gefühl für diese Musik gesegnet sind. Und schau dir die Jungs an: Die Hälfte davon ist weiß, die kommen von überall her. Aber sie haben allesamt den Soul in sich. Viele Schwarze sehen die weißen Jungs dazwischen und schon ist es für sie kein Soul mehr. Meine Definition ist allerdings eine andere: Wenn der Soul direkt aus dem Herzen kommt, dann berührt es andere auch. Und das tut es, wenn die Dap Kings auf der Bühne stehen. Die geben nicht vor, jemand zu sein, der sie nicht sind. Wenn die ihre Instrumente in die Hand nehmen und loslegen, dann fühlst du es einfach.