Scuba & Jimmy Edgar – Elektronische Musik fernab vom Hype

22.03.2012
Foto:Constantin Falk
Der Labelchef von Hotflush Recordings Paul Rose und der Detroiter Musiker Jimmy Edgar berichten in unserem Porträt über die Einflüsse der Stadt Berlin auf ihre aktuellen Veröffentlichungen.

»Es ist schwer zu beurteilen, wie groß der musikalische Einfluss von Berlin auf mich ist«, beschreibt Paul Rose die Bindung zu seiner Wahlheimat. 2007 hatte der unter dem Künstlernamen Scuba tätige Labelchef von Hotflush Recordings London verlassen, um sich ganz der ausgeprägten Club-Kultur in der deutschen Hauptstadt zuwenden zu können. Dabei versucht er weiterhin, seine musikalische Herkunft nicht aus den Augen zu verlieren: »Berlin hat wirklich großartige Clubs, es ist in dieser Hinsicht jeder anderen europäischen Stadt weit voraus«, schildert er seine Erfahrung, »aber London ist nach wie vor der lebhafteste und interessanteste Ort für innovative musikalische Entwicklungen.« Seit Mitte der 1990er Jahre verfolgte Scuba bereits in England den Techno. Seine Bestimmung findet er in dieser Hinsicht schließlich im Berliner Club Berghain, wo er bei der von ihm veranstalteten Clubnacht »Sub:stance« die Einflüsse der UK Bassmusik mit Techno kreuzen kann. Eine Mischung, die er auch auf seinen bisherigen Platten intensiv verfolgte. Vergangenes Jahr spielte er auf der »Adrenalin EP« überraschenderweise mit euphorischen Rave-Elementen und auch auf seinem aktuellen Album »Personality« stellt er seine persönliche Bindung zu den verschiedenen Musikformen über die feste Erwartungshaltung seines Publikums. »Ich glaube man kann ›Personality‹ am besten in der Hinsicht zusammenfassen, dass ich während des Schaffensprozesses bewusst alle Einflüsse, die ich als DJ, Producer oder Zuhörer hatte, in dieses Album einfließen lassen wollte. Und obwohl ›Personality‹ mehr der Tanzfläche zugewandt ist als meine bisherigen zwei Alben, hängt es von der Stimmung und Atmosphäre her noch stark mit seinen Vorgängern zusammen.« Auf seinem Label Hotflush Recordings hat Paul Rose über die Jahre hinweg eine kleine Gemeinschaft von Künstlern versammelt, die allesamt das Ziel verfolgen, vielseitige elektronische Musik fernab fester Genregrenzen zu gestalten. Auch wenn er bei der Auswahl der Musiker natürlich das Hauptaugenmerk auf die musikalischen Fähigkeiten legen muss, pflegt sein Team ein freundschaftliches Verhältnis zueinander.

Über diese Verbindungen gelangte nun auch der Detroiter Musiker Jimmy Edgar zu Hotflush Recordings. Nach Veröffentlichungen auf den renommierten Labels Warp und !K7 ebnet ihm seine Freundschaft zu Travis Stewart (aka Machinedrum) den Weg, welcher vergangenes Jahr als Teil des Duos Sepalcure ein Album bei Hotflush Recordings veröffentlicht hat. »Travis hat mich mit Paul Rose zusammengebracht. Ich kannte ihn bis dahin nicht direkt, aber ich war mir natürlich über seine Musik bewusst. Wir waren also gemeinsam Essen und die Idee, dass ich mein Album ›Majenta‹ auf seinem Label veröffentliche, kam dabei ganz spontan zustande.« Nachdem Jimmy Edgar in der Vergangenheit zeitweise in New York und London unterwegs gewesen war, verbringt er mittlerweile einen Großteil seiner Zeit in Berlin, um sich von der Stadt inspirieren zu lassen. Dies bedeutete für ihn, dass er sein Studio aufteilen und dabei lernen musste, ohne viele materielle Dinge oder feste Bindungen auszukommen. Für ihn war es aber auch ein Weg, seinem Ruf als elektronisches »Wunderkind« aus dem Weg zu gehen, der ihn seit seinen Anfängen bei Warp verfolgte: »Ich habe versucht, einfach nicht darauf zu achten. Am Ende des Tages ist es doch nur eine Menge Hype. Und ich denke meine engsten Fans durchschauen das auch.« Diese persönliche Neuorientierung zeigt sich nun auf der Single »This One’s For The Children«, der ersten Veröffentlichung seit zwei Jahren, in einer stilistischen Weiterentwicklung. »Ich habe die Funk und R’n’B-Einflüsse meiner bisherigen Alben nicht komplett aufgegeben. Aber ich fühlte den Drang, neue Richtungen zu erforschen. Meine Musik trägt jetzt eine Art politische oder bewusstseinsverändernde Botschaft, fast schon spirituell.« In diesem Wandel spiegelt sich auch seine Arbeit an Kurzfilmen und Videoclips wider, in denen er sich, inspiriert von Regisseuren wie Kenneth Anger oder David Lynch, intensiv mit mystischen und okkulten Themen auseinandergesetzt hat. »Das großartige am Reisen und an guten Freunden in der Musik-Szene ist, dass die Menschen wirklich aufgeschlossen sind, wenn man mit einer positiven Einstellung auf sie zugeht«, fasst er seine Erfahrungen positiv zusammen. Mit der Veröffentlichung von »Majenta« und der nächsten Single von »Personality« im Mai haben Jimmy Edgar und Paul Rose ihren Blick jedenfalls klar auf die Zukunft in Berlin gerichtet.