Quantic & Alice Russell live am 8.5. im Zoom in Frankfurt/Main

14.05.2012
Foto:Joe Danmark
Wer es bei der Tournee von Quantic und Alice Russell auf die Präsenz zweier herausragender Einzelkünstler abgesehen hatte, wurde enttäuscht. Stattdessen war ein perfektes Band-Gebilde zu erleben, bei dem Quantic die unsichtbaren Fäden zog.

Beim Frankfurter Tour-Stopp der »Look Around The Corner«-Tour wollte ich mir einen eigenen Eindruck über die Chemie zwischen Quantic und Alice Russell machen. Ich erwartete eine Diva, eine musikalisches Mastermind und eine alternative Allstar-Band. Ich erlebte dann eine Art Puppenspiel mit unsichtbaren Fäden: Mitten auf der Bühne stand ein unscheinbarer Quantic, der im Laufe des Konzertes eher auf die Musik konzentriert blieb und kaum Regungen erkennen ließ. Um ihn herum waren sechs Musiker angeordnet, die er kaum merklich während des Konzertes zu steuern schien.

Vermutlich durch Telepathie gelenkt, änderte sich das Arrangement der Musiker so manches Mal an diesem Abend: Mal war Perkussionist und Hypeman Freddy Cervantes im Vordergrund oder inmitten des Publikums, und verwandelte die Menge in eine Polonaise; mal lauschten alle Pianist Alfredo Saucedo, wie er mit seinen flinken Finger und viel Gefühl über die Tasten glitt; mal staunte man über die Virtuosität von Violinist Mike Simmonds – einer der Überraschungen des Abends; mal war dann eben auch Alice Russel im Vordergrund und überzeugte durch ihre sympathische Art, Stimme und Bühnenpräsenz.

Wie am Schnürchen durch die Genres

Praktisch unbewegt jedoch blieb Bandleader Quantic, stets den Sound, den generellen Ablauf und den Wechsel zum nächsten Instrument im Blick und Gehörgang. Auch beinahe bei jedem Stück wechselte Quantic das Genre und den Ursprung der Stücke. So ertönten Solo-Werke von Russel, von Quantic, der Combo Bárbaro oder des gemeinsamen, aktuellen Projektes. Genres wie Cumbia, Funk, Reggaton oder Soul flossen durcheinander und mündeten teilweise in recht ausgedehnten Improvisationen, die die bekannten Aufnahmen um weitere Live-Dimensionen bereicherten.

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Die Chemie von Quantic und Russell zu erfassen, fiel mir letztendlich schwer. Das gesamte Bühnenbild und der Ablauf insgesamt wirkten sehr harmonisch und durchdacht. Selbst die vermeintliche Frontfrau, Russell, verschwand schon mal Shaker-schüttelnd im Hintergrund und lies so das gesamte Projekt zum Star der Show werden, bei dem alle Musiker zu einem einzigen, tropischen Sound verschmolzen. Diese Dynamik und die ohne allzu offensichtliche Absprachen funktionierende Interaktion der Band trugen zum Charme des Konzertes insgesamt bei und ließen die Zuschauer selbst in manchen Momenten zum Teil dieses Puppenspiels werden.