Einfach nur die Visage des meist männlichen Rappers auf das Cover. Logo vielleicht, das war’s aber auch schon. Mehr Anspruch ist selten auf den Coverartworks zu Deutschrap-Releases zu erkennen. Was die Bildebene der Musik anbelangt, reicht es den Verantwortlichen oftmal, den Künstler in Klischees zu zeichnen. Anspruchsvoll sind solche Cover nicht, ikonisch werden sie so logischerweise nie. Der gestalterische Anspruch des Leipziger Künstlers Pierre von Helden jedoch, der für die Cover-Artworks für Beppo S. & Peter B., dEnk & Drumtomski, Ozoyo und vor allem für die Magdeburg-Trilogie von Pierre Sonality verantwortlich ist, unterscheidet sich sichtlich von der üblichen Einheitsgestaltung und überholten Mustern der Szene. Was macht er anders, was treibt ihn an und warum? Ein Gespräch, das zurückreicht bis in die Nachwendezeit.
Pierre von Helden lebt und arbeitet in Leipzig. »Ich habe mich bewusst für diese Stadt als ehemalige Ost-Metropole und traditionelle Künstlerstadt entschieden, da ich merkte, dass ich hier wachsen und reifen kann, um mich als Bildermacher zu entwickeln. Ich wusste, dass ich Fragen, aber auch Sachen zu sagen hatte, und dass es mit Kunst und Bildern zu tun haben wird«, blickt er zurück.
Schon während des Studiums der bildenden Kunst und Kunstgeschichte habe er gemerkt, dass er im extremen Maße für seine DDR-Herkunft und die Wiedervereinigungsphase sensibilisiert ist. »Ich gehöre der ersten DDR-Generation an, die genügend Abstand zu der DDR hat, um über sie etwas objektiver, aber nicht emotionslos zu reflektieren«, so der am 17. Juni 1983 in Wismar Geborene, der noch Kind war, als die Mauer fiel. »In meiner ersten Bilder-Phase zwischen 2013 und 2016 war das ein ganz wichtiger Aspekt. Ich merkte, dass ich dem nachspüren will. Einfach aus dem Empfinden heraus als DDR-Kind in eine neue Zeit und ein neues System hineingewachsen zu sein. Aber natürlich war ich weiterhin noch Kind von Sozialisten, mit den gleichen Werten und Überzeugungen.«»In Sachen Cover-Design gibt es schon viele gute Sachen, aber es geht sicherlich noch einiges mehr, wenn man sich die Deutsch-Rap HHV-Charts anschaut.«
Pierre von Helden
In Leipzig angekommen, nahm Pierre einen Drei-Tage-Job an, um die Miete zahlen zu können. Die restlichen nutzte er zur Entwicklung seines Stils. Mangels finanzieller Mittel begann er Collagen anzufertigen, statt sich wie geplant der Malerei zu widmen. Seine Werke sind nicht selten Ursprung seiner sozialistischen Sozialisation, die bis weit nach der Wende reicht, mit Elementen des in dessen Nachklang über die ehemalige DDR hereinbrechenden Kapitalismus und Kritik an jenem. Unverkennbar schwärmt Pierre jedoch auch für diese Zeit, seine Kindheit und Jugend kurz vor und nach der Wende, ohne das DDR-System zu verklären. Titel wie »Höhenflug mit Air Max / Schweben über Schwerin«, »Papa auf dem Weg zur Armee / Panzerfahren« oder »Lichter über Lichtenhagen / Rostock« sind fast schon für sich stehende Geschichten, die den Widerspruch vereinen.
Auch wenn Herkunft und Sozialisation immer eine wichtige Rolle in Pierres Werken spielen werden, setzt sich der Künstler seit zwei Jahren explizit mit dem Heute auseinander und thematisiert gegenwärtige gesellschaftliche Tendenzen in Collagen und großformatigen Malereien. »Ich musste erst einmal meine Vergangenheit versuchen zu begreifen, um einen befreiteren Blick aufs Heute werfen zu können.« So zum Beispiel mit den Werken seiner ersten Solo-Ausstellung »Die Straße – Ein Psychogramm« (Ende 2017) Die bildende Kunst ist dabei jedoch nicht Pierres alleiniges Ausdrucksfeld, so ist er darüber hinaus auch im Bereich Design tätig.
Jüngst hat Pierre von Helden das Cover zu »plusminusnull« von Beppo S. & Peter B. gestaltet. Diese [findest du auch auf im Webshop](https://www.hhv.de/shop/de/artikel/beppo-s-und-peter-b-plusminusnull-579421.)