Paul Snowden – So positiv, dass es nervig ist

11.11.2012
Foto:Malte Seidel
Der prominente Graphic Designer und »ad guy« Paul Snowden hat mit seinen WASTED GERMAN YOUTH T-shirts, Bier und Stickers bewiesen, dass eine Schnappsidee sich von einen Underground, lokal Phänomen zu einer globalen Marke ändern kann.

»Ich habe mich abermals als Positive Paul rebranded – er ist so positiv, dass es nervig ist.« Das was hier wie ein Witz klingt, ist eigentlich eine clevere Marketingstrategie, soviel ist sicher. Der 42-jährige Grafikdesigner Paul Snowden ist eine Art Markenmogul, der die Kunst beherrscht, einprägsame Designs zu erschaffen, die sowohl diskret sind und einem dennoch durchdringend ins Auge fallen. Auch wenn man mit halb geschlossenen Augen herumläuft, wird einem seine Arbeit nicht entgehen: das Neondesign von Kreuzberg’s »Angry Chicken«-Restaurant, »Wasted German Youth«-T-Shirts, über 200 Albumcover und der Berlinale Key Visual aus dem Jahre 2009 sowie verschiedene Nike-Kampagnen. Die von ihm ausgewählte Schriftart, Futura Extra Bold Condensed, ist einfach und seine Botschaften sind immer frech und auf den Punkt.

Seine Heimat Neuseeland verließ Snowden 1987 in Richtung Deutschland, weil dort eine Austauschstudentin lebte, in die er sich verliebt hatte. Anfang der Nuller Jahre schloss er sich der Internet-Start-up-Wanderung nach Berlin an, die »niemals aufhörte«. Doch was Berlin an Geschäftsmöglichkeiten fehlte, machte es mit Raves wieder wett. _»Eines nachmittags, war ich in einem Club und beobachtete, dass alle ziemlich gesichtslos daherkamen – es war diese ›wasted german youth‹. Sechs Jahre später begann ich mit den handbedruckten T-Shirts.«Das einfache Design und der originelle Slogan, wobei »wasted« sowohl betrunken als auch benutzt bedeutet, fand guten Anklang, was Snowden damit erklärt, dass er»die richtige Idee zur richtigen Zeit mit der richtigen Ästhetik und ein bisschen Glück hatte.« Seit dem ist aus einem Underground-Sortiment an Stickern und T-Shirts ein etabliertes Label geworden, mit Vertriebsstellen, die von Lyon bis Seoul reichen, eine Bio-Bier, die WASTED GERMAN BEER heißt, einer Reihe »Rave Tut GUT« Charitypartys von Kopenhagen bis Hamburg und einem Berliner Späti – der Späti ist der perfekte Beweis für Snowden’s Branding-Leidenschaft. »Es war ein Experiment, etwas Unbestimmtes zu einer Marke zu machen, indem man WASTED GERMAN YOUTH eine Markenpräsenz gab.«_ Das Ergebnis ist eine geringfügige ästhetische Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Spätis; er trägt nun das Schild »Lola’s Wasted German Beer Super Späti«. Wichtiger ist, dass er sich in einen Hangout-Treff verwandelte, was ihn von den Standardshops abhebt, die man nur betritt um eine Packung Zigaretten auf dem Weg zur Party zu holen. Jetzt steigt hier die Party.

Snowden’s bierbezogene Arbeit hörte nicht mit »Wasted German Beer« auf: in diesem Jahr brachte Beck’s ihr Art-Label-Projekt zum ersten Mal nach Deutschland und neben anderen Künstlern engagierten sie auch Snowden und Boys Noize, um am Design des Bierlabels mitzuwirken, welches ein pures Snowden-Design ist: Er hat »Boys Noize Techno Beer« in seiner charakteristischen klobigen Schriftart auf seine charakterisitschen gekippten Quader geschrieben und auf einem gelben zungerausstreckenden Smiley plaziert. »Ich habe mit Boys Noize seit dem Beginn seiner Karriere zusammengearbeitet, aber gerade haben wir damit aufgehört. Ich denke es war das ›SiebenJahresDing‹, Beck’s war ein guter Abschluss«, erklärt Snowden. Es scheint, als ob Snowden gerade überhaupt ein schwierige Phase mit dem Musikgeschäft hat: »Für ein Plattenlabel zu arbeiten ist eine undankbare Arbeit. Es wird einfach nicht gewürdigt. Es interessiert keinen. Es kauft eh keiner mehr Platten. Früher war es ein langer Prozess, wo man die Fotos aufgenommen, den Film entwickelt, danach in den Druck gegeben hat – jetzt geht es leider nur noch darum winzigkleine JPEGs für iTunes zu machen.« Aber dann sind da die Musiklabel and die konkrete Musik: »Musik ist die höchste Form der Kunst, also kann man niemals ›Nein› zu guten Leuten sagen, die tolle Musik machen.« Mal sehen wie die Musiker von seinem Brandingzauber profitieren, wenn sein eigenes Rebranding von »Paul dem Grafikdesigner« zu »Paul the Ad guy« vollendet ist.