Neben der Spur mit… – HADE

02.09.2014
Foto:Hans Arnold
Wir begeben uns mit einem Künstler neben die Spur. Abseits von Ton- und Filmspuren bekommt ein Künstler von uns den Raum, über eine Leidenschaft zu sprechen, die (auf den ersten Blick) nichts mit seinem eigenen Schaffen zu tun hat.


Wir haben euch HADE als Typen mit dem Gedächtnis einer Taube vorgestellt. Aber eigentlich stimmt das gar nicht. Vielmehr scheint sich der Produzent und DJ aus Köln an so ziemlich alles erinnern können: wie zum Beispiel die Snares auf Mobb Deeps »The Infamous« hallen, warum Phil Collins’ Melodien klingen wie sie klingen, oder auch daran, was die Synthesizerharmonien auf 12inches des Labels Hyperdub ausmachen. HADEs Referenzrahmen scheint grenzenlos, sein Gehör sensibel und ja, sein Gedächtnis gut ausgebildet. So stellt er auf seinen Songs die Hütchen um ein weites Feld, spielt darin mit allem von Wonky über Footwork zu House, und allem, was sich im UK aus Bass-Musik entwickelt hat. Kommenden Montag veröffentlicht er gemeinsam mit seinem langjährigen musikalischen Partner DWFL seine neue 12inch »Vinnie & Kelly« auf Melting Pot Music. Die Taube kommt dann wieder ins Spiel, wenn HADE nicht gerade einen Song baut. In Interviews springt HADE von Eingebung zu Eingebung und ist ganz aufgeregt, wenn er spürt, dass er irgendwo dazwischen eventuell etwas vergessen hat. Wer also ist dieser Typ, der scheinbar spielerisch jedes Genre produzieren kann und dem ein roter Faden so fremd ist, wie Prodigy und Havoc das Slacklinen? Unsere neuere Rubrik »Neben der Spur mit…« soll euch die Chance geben, den Künstler hinter den Beats besser kennenzulernen. Indem wir nicht über Beats, 4/4 Takte und Basslines reden, sondern über eine Leidenschaft jenseits der Musik. Diesmal also: HADE über die Fernsehserien, Filme und deren Protagonisten, die ihm am meisten geprägt haben.

Über die ersten wichtigen Serien und Serienfiguren
HADE Die ersten waren, glaube ich, die »Teenage Mutant Ninja Turtles«. Ich habe mir immer »Hero Turtles« angeguckt und hatte auch immer alles, nein, ich habe immer noch alles an Merchandise. Ich habe auch den Turtles-Truck; der steht immer noch bei mir im Flur. Der ist ein Heiligtum. Gut, der war als Merchandise anders als in der Serie, aber trotzdem. Ich habe den mal einem Kind auf einem Flohmarkt für acht Mark oder so wirklich abgezockt – und dann war ich glücklich.

Über Nostalgie, bezogen auf geborgenes Fernsehgucken im Haus der Großeltern.
Neulich wollte ich mir bei Ebay eine TV-Zeitschrift von 1993 kaufen, um einfach nur alle Serien, die an einem Tag liefen, downzuloaden, morgens um 7 Uhr aufzustehen und sie alle in der Reihenfolge von damals zu gucken.

Über »Dragon Ball«.
Ich habe alle Bücher damals gekauft und musste die dann irgendwann selbst wegschmeißen. Ich hatte halt so sieben blaue Briefe [bekommen] und habe halt nur »Dragon Ball« gemalt, gelesen, geguckt und dann waren meine Eltern halt irgendwann enttäuscht und ich musste eigenhändig meine Bücher in den Papiermüll schmeißen. Ich wusste nicht, dass meine Eltern sie aufbewahrt haben, bis ich wieder besser in der Schule wurde, aber irgendwann habe ich sie in der Garage wiedergefunden und meine Eltern damit konfrontiert. Ich war aber immer noch genauso scheisse in der Schule [lacht].

»Wenn ich nach 1990 geboren worden wäre, hätte man bei mir ADHS festgestellt und ich müsste tonnenweise Ritalin nehmen. Aber 1986: good ol’ days, »das Kind ist einfach nur überdreht!«.

Hade

Über seinen Lieblingskampf in »Dragon Ball«.
Boah, eigentlich müsste man nach Freezer aufhören. Weil Cell war so kacke. Das war halt so: »Jaaa, Akira, mach noch einmal so sieben Bücher und noch einmal Zukunft und Trunks und näää«.

Warum »Terminator 2« der erste wichtige Blockbuster war.
Man hat halt schon damals so eine Arni-Sozialisierung gehabt. Es gab damals von Disney dieses Jungs-Heft, dieses »Limit«, und da war halt auf jeder vierten Seite Arni und auf jeder Seite danach Hulk [Hogan]. Immer Wrestling, Monstertrucks..haaa, Monstertrucks [schweift schwärmend ab]. Aber klar: Arni geil, »Terminator 2« war so richtig »boooahr«.

Wie Carrie aus »King Of Queens« seine erste Beziehung beeinflusst hat.
HADE: Ich glaube, ich fand meine erste Freundin auch deshalb so toll, weil die [erste Freundin] ziemlich aussah wie die [Carrie]. Die Carrie der ersten vier Staffeln. Ich weiß auch nicht, wie ich das damals hinbekommen habe, weil jeder, der mein Führerscheinfoto kennt, weiß, wie ich aussah: mit so Zahnspange und langen Haaren. Das Schlimme ist, ich hab‘ die geföhnt! Ich habe ja eigentlich Locken, aber ich hab die runter geföhnt!

Über »Scrubs«.
Ich bin halt wirklich ein riesen, riesen Sitcom-Fan und war auch irgendwann einfach ein unfassbarer »Scrubs«-Fan und hab’ mich unsterblich in Carla verliebt. Boahr, fand ich Carla toll. Und natürlich manlove, äh, guylove – super! Da hab’ ich Liebe für.

Was ihn an George Constanza von »Seinfeld« fasziniert.
Er gibt halt nicht auf. Er hat seine Frau schon ins Grab geschickt, weil er die falschen Umschläge aussucht; mit giftigem Kleber und gibt dann trotzdem nicht auf. Das find’ ich stark! Das ist auf jeden Fall eine Mentalität, die man sich für manche Situationen abgucken sollte. Nicht die Neurosen, aber the strength, Jerry, the strength! Aber gut, als Vorbild sollte man den echt nicht haben… eigentlich keinen… wenn dann nur Kramer.

Wer sein serienübergreifender Lieblingscharakter ist.
Wahrscheinlich würde ich da wirklich Kramer wählen. Weil ich so etwas vorher noch nie gesehen habe. Dieses full-body-acting; er ist halt sehr körperlich dabei und total überdreht und laut. Und da ich halt selber eigentlich so ein ADHS… Also wenn ich nach 1990 geboren worden wäre, hätte man bei mir ADHS festgestellt und ich müsste tonnenweise Ritalin nehmen. Aber 1986: good ol’ days, »das Kind ist einfach nur überdreht!«.

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Darüber, bei Filmen nah am Wasser gebaut zu sein.
HADE: Ich weine bei Filmen!

Darüber, bei welcher Serie/welchem Film er das erste Mal geweint hat.
»Cap und Capper« wahrscheinlich. Oder, als ich mit meinem Opa in »Bambi« im Kino gesessen habe. Ich bin halt auch ein tierlieber Mensch. Menschen waren mir am Anfang egal [lacht].

Und darüber, für welche menschliche Filmfigur er als erstes Tränen vergossen hat und warum es nicht Leonardo Di Caprio war.
Pffff, also Leo war’s nicht. Ich war da mit meinen Eltern im Kino und dachte halt so, »woahr, fett animiert«. Aber Leo? Fuck that! Ich meine, die Platte ist groß genug, da kann der sich doch drauf schwingen! Nee, sehe ich nicht ein, bei Leo habe ich nicht geweint, der hätte einfach draufklettern können. Aber so richtig damit angefangen, um Menschen in Filmen weinen, habe ich auch erst spät… in my late 20s [lacht]. Aber, um das mal zusammenzufassen: ich habe schon mixed feelings, wenn ich am Ende von »Terminator 2« sehe, wie die Hand im Strahl versinkt und noch einmal den Daumen macht; das ist echt schon so »fffftzzzzz, aaaww maaaaan, muss das jetzt sein, haarccch«. Von daher kannst du dir jetzt ausmalen, wie oft ich schon bei Filmen geweint hab’.