Wer Kai Campos und Dom Maker nicht (er)kennt, könnte glauben es handele sich noch um die Tontechniker, die mit dem Soundcheck betraut wurden. Doch im nächsten Moment schon bringen sich Mount Kimbie in Schwingung zu den ersten Beats, tasten sich ran, fahren hoch, kommen an. Es zeichnet die beiden Londoner, die mit ihrem Debütalbum im vergangenen Jahr als kleine Dubstep-Revolution gefeiert wurden, aus, dass sie sich mit immenser Konzentration an jedem noch so feinen Detail abarbeiten, es zugleich aber immer wieder eben jene ekstatischen und für jede Elektroperformance essentiellen Momente zu schaffen, in dem die Körper vor der Bühne sich mit dem Bass synchronisieren. Wo auf dem Album das Schichten der Sounds vorzugehen scheint vor eben jenem Effekt, gelingt Campos und Maker nicht zuletzt dank des basslastigen Sounds am Hangar 4 live der Spagat zwischen introvertierter Hingabe und entfesselndem Ausbruch. Neben der Vielfalt der Sounds, hatten sie zuletzt die Dubstep-Palette nicht nur um Gitarrensounds erweitert, besticht vor allem die disziplinierte Zurücknahme jeglicher Eitelkeit, die Hingabe an den Sound. Selbst wenn Maker ans Mikrophon tritt, scheint er noch Ergebener des sich ausbreitenden Klangs, Mount Kimbie teilen ihre staunende Begeisterung für ihr eigenes Werk und setzen auf diesem Festival, dass sich neben der planlosen Genrevielfalt ja vor allem auch als elektronisch orientiertes Festival begreift, einen der interessanteren Akzente. Nur wenige Stunden später wird Alexander Ridha (aka Boys Noize), der Jürgen Drews des Berliner Elektro, seinen Thron auf der Hauptbühne samt Feuersäulen und Lichtarsenal besteigen und wird nicht tief in die Trickkiste greifen müssen, um der Jutebeutelmeute ein Fraß zu sein – und spätestens dann wird man sich ein zweites Mal leise seufzend über Mount Kimbie freuen.
Aigners Inventur – September 2017
Kolumne