Bevor Mayer Hawthorne jedoch mitsamt seines Nerdcharmes auf das Kölner Publikum losgelassen wird, soll Tim Berkestijn (aka Benny Sings) den Anheizer mimen. Was folgt, ist in der Absurdität des Moments kaum zu überbieten. Da steht ein Mann, der mit seinem in die Buntfaltenhose gesteckten Lacoste-Polo so etwas wie die Antithese des modernen Popstars zu geben scheint und versucht sich die Gunst des recht ignoranten und zwangsläufig unverschämten Publikums zu ersingen. Dabei zeichnet sich der Auftritt von Benny Sings, der gespickt ist mit Soul-/Funk-Pop der 1970er und 1980er Jahre, durch eine ganz verschrobene Mischung aus Karaoke-Charme und DSDS-Dilettantismus aus. Wenn man sich so umschaut, eigentlich genau richtig für das völlig desinteressierte Publikum. Allein: Dieter Bohlen fehlt.
Als dann nach einer halben Stunde Benny Sings und nach einer weiteren gefühlten dreiviertel Stunde Leerlauf, die möglicherweise der obligatorischen Star-Attitüde geschuldet ist, das käsebleiche Soul-Wunderkind samt Band die Bühne betritt, ist das Gloria der großen Pop-Geste ein Stückchen näher. Hawthorne ist richtig gut drauf und beweist, dass er nicht nur klingt wie frisch aus dem Detroit der 1960er Jahre importiert, sondern auch ein großartiger Entertainer ist. Der Höhepunkt des Abends ist erreicht, als Hawthorne die »Picture Time« einläutet. Mit Hilfe der Lichttechnik und selbstironischen Gesten bietet er dem Publikum die Möglichkeit für den perfekten Schnappschuss, um anschließend, etwas ernster werdend, den Vorschlag zu unterbreiten, das Konzert von nun an doch zur Abwechslung mal so zu erleben, als wäre man vor Ort – und nicht etwa durch das Display des iPhones. Flammender Applaus brandet auf, lustigerweise dort am heftigsten, wo die Handys zuvor am höchsten in den Konzertsaal gehalten wurden. Musikalisch ist Hawthorne voll auf der Höhe. Seine Begleitband The County ist hochprofessionell und tight auf den Punkt, während Mayer das tut, was ihm überhaupt erst zur Bekanntheit verholfen hat: Klingen wie ein Motown Soul-Veteran. Und ja, wenn man die Augen schließt und die Meute im zum Bersten gefüllten Gloria vergisst, dann klingt es wirklich so, als wäre man in einem kleinen, verrauchten Club in Detroit.
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