Lauryn Hill – Live am 26.1. im Tempodrom in Berlin

07.02.2012
Lauryn Hill betritt das erste Mal nach fast 13 Jahren wieder eine Berliner Konzertbühne. Doch viele ihrer Fans hätten sich das Wiedersehen anders vorgestellt. Werbung in eigener Sache war das jedenfalls nicht.

Lauryn Hill musste sich erst fangen, um das Publikum zu überzeugen. Das tat sie, als sie nach einer knappen Stunde bei ihrem Konzert im Tempodrom eine Fugees-Session einlegte. Mit Hits wie How Many Mics, Fu-Gee-La oder Ready Or Not zeigte sie in der letzten halben Stunde, was sie einst zu einer der größten Rapperinnen aller Zeiten machte. Stimme und Flow waren soweit wieder unter Kontrolle, die Fans zurück in ihrem Bann und die vorher schiefe Atmosphäre wieder halbwegs gerade gerückt.
Und dafür herhalten mussten wieder mal die legendären Fugees, deren Mischung aus Deepness und Pop die Band in genau den Superstar-Olymp führte, der ausschlaggebend für Lauryn Hills Abschied war.
»I had to step away when I realized that for the sake of the machine, I was being way too compromised. I felt uncomfortable about having to smile in someone’s face when I really didn’t like them or even know them well enough to like them«, begründete sie 2006 dem Magazin Essence ihre Entscheidung, nach einer sehr erfolgreichen Zeit, der Musik den Rücken zu kehren. Man könnte meinen, dass sie im Endeffekt nur sich selbst treu geblieben ist. Andererseits bereute Wyclef Jean 2008 öffentlich die 2005er-Reunion-Tour durch Europa und sagte dem britischen Magazin Blues & Soul: »I think she needs a psychiatrist, just to sit with and talk. Because, with the state that she’s in, no-one should be letting her do shows.«

Doch wie sähe ein Zukunftsmodell für Lauryn Hill aus? Wäre sie in der Lage sich komplett neu zu erfinden, um z.B. in jazzig-orchestralem Gewand à la Carmen McRae oder Sarah Vaughan in Würde zu altern?

Keine Werbung in eigener Sache*
Subjektive Meinungen aus dem inneren Dunstkreis einer der erfolgreichsten Rap-Crews aller Zeiten hin oder her – es war noch immer der 26.1.2012 im Tempodrom und die inzwischen 36-jährige Ms. Lauryn Hill hatte mit einem kratzigen Timbre zunächst Schwierigkeiten, ihr Publikum zu überzeugen. Auch die wenig eingespielte Band trug mit ihrem Synth-Rock-Style zur Missstimmung bei und Lautstärke schien nicht das Allheilmittel zu sein. Schon bald ertönten die ersten Buh-Rufe von den Rängen. Viel war erst mal nicht übrig von ihren einstigen Qualitäten.
Doch, wie bereits geschildert, wendete sich das Blatt, besonders nach einer intimen Ansprache an das Publikum, in der sie gestand, dass sie das Publikum auch vermisst habe, und die Worte »I wanna start singing again« folgen ließ. Das war der Wendepunkt, und gleichzeitig ein Hinweis auf das, was kommen mag – auch wenn es absolut keine gute Werbung für eine etwaige Rückkehr war, so »real« Lauryn Hill auch sein mag.
Dass die Frau das Zeug für ein Comeback hätte, ist unbestritten. Doch wie sähe ein Zukunftsmodell für Lauryn Hill aus? Wäre sie in der Lage sich komplett neu zu erfinden, um z.B. in jazzig-orchestralem Gewand à la Carmen McRae oder Sarah Vaughan in Würde zu altern? Interessant und wünschenswert wäre diese Vorstellung allemal, doch ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass sie nochmal die Kurve kriegt und mit neuem Material alte und neue Fans für sich gewinnen kann. Schließlich lebt sie seit knapp 15 Jahren vom Erfolg ihres fulminanten Debüts. Dieses hat die Erwartungshaltungen in so schwindelerregende Höhen geschraubt, dass sich Lauryn Hill nie getraut hat, etwas nachzulegen – eine andere, traurige Seite des Erfolgs.