Label Watch: Efficient Space

13.02.2025
Seit 2015 bringt Efficient Space vergessene Schätze und ungehörte Klänge ans Licht – ein Label, das mit seinem sich immer erweiternden Mix aus Post-Punk, Dub, Dream Pop oder Folk die Grenzen des Bekannten sprengt.

Es gibt Labels, die sich auf Trends stürzen, und dann gibt es Labels wie Efficient Space, die sich dem Chic des Vergessenen und Übersehenen widmen. Gegründet 2015 von Michael Kucyk in Melbourne, ist Efficient Space ein Label, das nicht nur Musik veröffentlicht, sondern Geschichten erzählt – Geschichten von Künstler*innen, die zu ihrer Zeit ignoriert wurden, deren Werke aber heute wie verborgene Schätze wirken. »Ich fühle mich verpflichtet, die Außenseiter zu unterstützen«, sagt Kucyk in einem Interview für Carhartt WIP.

Efficient Space ist kein Label, das man einfach in ein Genre pressen kann. Es ist ein Ort, an dem Post-Punk auf experimentellen Dub trifft, wo Dream Pop neben Street-Soul existiert und wo vergessene Klassiker neben zeitgenössischen Experimenten stehen. Der Katalog lädt dazu ein, in unbekannte Klangwelten einzutauchen.

Die andere Plattform

Die Leidenschaft für Musik kultivierte Kucyk bereits durch seine Radiosendung Noise in My Head (zunächst auf 3RRR FFM, später auf NTS) und dem gleichnamigen Blog. Das Label begann mit der Veröffentlichung von Archivalien und Reissues aus Australiens DIY-Musikszene und entwickelte sich zu einer Plattform für experimentelle Klänge.

Auch wenn sich der Label-Katalog in den vergangenen Jahren erweitert hat, sieht Kucyk darin keinen fundamentalen Wandel. Vielmehr ergeben sich neue Projekte oft ganz organisch aus bestehenden Veröffentlichungen – wie etwa »Ghost Riders« zu Tresa Leigh oder Jeff Dread zu Ali Omar. Dennoch soll das Jubiläumsjahr 2025 stärker zeitgenössischen Künstler*innen gewidmet werden, darunter Wilson Tanner, Keanu Nelson, Bhairavi Raman und Nanthesh Sivarajah.

»Ich fühle mich verpflichtet, die Außenseiter zu unterstützen.«

Michael Kucyk

Für Kucyk war die Entscheidung, ein unabhängiges Label zu führen, eine bewusste Wahl. Seine Erfahrungen bei Mushroom Music Publishing und Modular Recordings prägten seine Haltung gegenüber der Musikindustrie. »Ich möchte nicht Teil von etwas sein, das einen Fuß in der Major-Welt hat«, sagt er im Interview mit Music Feeds. Efficient Space sollte ein Ort sein, an dem Künstler*innen und ihre Musik im Mittelpunkt stehen – frei von den Beschränkungen und dem Kommerz der Major-Labels. »Wir machen Dinge um der Kunst willen, um der Musik willen«, betont Kucyk. Diese Haltung zieht sich durch den gesamten Katalog des Labels, der nach Originalität und Authentizität sucht.

Zwischen Vergangenem und Zeitgenössischem

Ein Blick auf den Output von Efficient Space zeigt die Auswahl der Releases als Sammelsurium von damals bis heute. Kucyk gräbt in den Archiven und nimmt ebenso oft zeitgenössische Künstler*innen auf, die an den Rändern des Mainstreams arbeiten. Im Jahr 2024 veröffentlichte das Label etwa Highlights wie »Skeet – Simple Reality« oder die Compilation »Someone Like Me«, eine Sammlung von Folk-Songs über Liebe, Verlust und spirituelle Suche von England bis Los Angeles.

Die Suche nach obskurer Musik bleibt dabei eine Herausforderung, auch in Zeiten digitaler Plattformen. »Nur weil Musik online verfügbar ist, heißt das nicht, dass sie auch entdeckt wird«, sagt Kucyk. Er verweist auf die Compilation »Searchlight Moonbeam« von »Time Is Away«, die nicht nur vergessene Archivstücke, sondern auch moderne, kleinauflagige Vinyl- und Bandcamp-Releases in einen neuen Kontext setzte. »Nichts schlägt menschliche Kuration«, ergänzt er.

Für das 2025er Jubiläumsjahr hat sich das Label zudem Großes vorgenommen: Zehn Veröffentlichungen sind geplant, beginnend mit dem neuen Album des in Sydney lebenden Dub-Rebellen Ali Omar. Diese Veröffentlichung wird der Auftakt eines Jahres sein, in dem das Label seine Bandbreite weiter auslotet.

Die Balance zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt sich auch in Klassikern wie der Compilation »Sky Girl« (2016), die unter anderem internationale Aufmerksamkeit erhielt. Kuratiert von DJ Sundae und Julien Dechery, gilt sie als eine der einflussreichsten Wiederveröffentlichungen der letzten Jahre. Ebenso prägnant ist »3AM Spares« (2018), eine Hommage an die australische Dance-Szene der 90er Jahre.

Gemeinschaft wird nie kalter Kaffee sein

»Abgesehen von ein paar Jahren in Sydney ist Melbourne alles, was ich jemals kannte«, sagt Kucyk über seine tiefe Verbindung zur Stadt. »Das Community-Radio hier war eine große Grundlage für das Label – viele der frühen Projekte wurden direkt aus der Bibliothek von 3RRR FM ausgegraben.« Viele der Plattenläden, die er heute beliefert, seien dieselben, in denen er seit zwanzig Jahren selbst einkauft – eine gewachsene, fast familiäre Struktur.

Mit neuen Projekten und einer wachsenden internationalen Aufmerksamkeit reflektiert Kucyk deshalb auch die Bedeutung des Labels. »Es ist schwer vorstellbar, dass wir an etwas so Bedeutendem beteiligt waren wie Waak Waak Djungi«, sagt er. Unvergessen bleibt für ihn auch der Moment, als Karen Marks ihren Song »Cold Café «nach 44 Jahren live in der Melbourne Town Hall spielte. »Dass Künstler:innen des Labels in Filmen von Lynne Ramsay oder Guy Maddin auftauchen – das sprengt mir immer noch den Kopf.«

So bleibt sich Efficient Space treu – eine Plattform für Suchende des Verborgenen und Connaisseure des Unentdeckten. Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre lässt sich also sagen: Es gibt noch viele Geschichten, die erzählt werden wollen.