Kendrick Lamar – Live am 1.2. in der C-Halle in Berlin

06.02.2013
Foto:Fabian Saul
Freitag war endlich Berlin an der Reihe Kendrik Lamar zu empfangen. K.Dot. Mr. 2012. Die Fakten, dass Lamars Album gerade Gold gegangen ist und sein Konzert ausverkauft war, bereiteten einen nicht auf den Wahnsinn vor, der Lamar begleitet.

Am Freitag war endlich Berlin an der Reihe Kendrick Lamar zu empfangen. K.Dot. Mr. 2012. Den guten Jungen. Die Fakten, dass Lamars Album »good kid, m.A.A.d city« gerade Gold gegangen ist und sein Berlin-Konzert, weil es ausverkauft war, an einen größeren Veranstaltungsort verlegt werden musste, bereiteten einen nicht auf den Wahnsinn vor, der Lamar offenbar begleitet. Ich dachte, die Macht des Internets und der Zugang zu mehr freier Musik hätte das Konzept »Ikone«, »das Idol« getötet, aber dort stand er nun vor mir, vor Hunderten, deren Münder »KENDRIIICK!« kreischten, deren Köpfe zu seinen Melodien nickten, die Arme ausgestreckt, um die Aura vom global gegangenen Rapper aus Compton zu erfassen. Kendrick sprang genau so plötzlich hinter dem Vorhang vor und auf die Bühne, wie er aus dem Underground in den Mainstream gesprungen war, manisch einen Teil eines Songs rappend. Dann kam er, die Mitte der Bühne einnehmend, zum Stehen. Er stand einfach, seinen Kopf stolz haltend im goldenen Licht eines einzigen auf ihn gerichteten Scheinwerfers. Der Beifall, das Gekreische und die Rufe verdichten sich zu einer soliden Wand. Er schien unbeeindruckt. Seine Augen glitten in die Höhe und in die Ferne. Er schien nicht einmal zu atmen. Aber als das Geschrei anschwoll, lauter und verzweifelter wurde, reagierte Kendrick. Die dichte Wand verwandelte sich in fließende Energie, die er aufsog. Die Schreie seiner Fans fungierten als Treibstoff für das bevorstehende Konzert.

Doch die bloße Menge der Fans spielte keine Rolle. Kendrick wollte wissen wie real sie waren. »How many of you have been with Kendrick from day one?« Gekreisch und Jubel brach aus. Als er dann Tracks aus »section.80« abspielte erwartete ich, dass seine Fans ertappt wären. Ertappt in dem Fakt, dass sie nur die Hymnen von »good kid, m.A.A.d city« kannten, aber sie bestanden den Test. Jeden und alle Songs die Kendrick ihnen hin warf, kannten sie. Als Pitchfork »section.80« besprach behaupteten sie: »…but it’s not like he’s some preacher/prophet figure«. Damals stimmte es, aber jetzt, während seiner Welttournee, zeigt sich ein total neuer Charakter. Der Geschichtenerzähler ist jetzt der Messias aus Compton, Kalifornien. Dass er vor einem bewundernden Publikum predigt, ist offensichtlich. Es ist die Botschaft, die etwas unklar bleibt. Er erzählt Geschichten vom Untergrund: Bandenrivalitäten, ermordete Verwandte und die Gefahren von Gruppenzwang. Nun ist er Teil der Mainstreammaschine und obwohl Kendrick Lamar sich auf der Bühne sichtlich wohl fühlt, muss der 25-jährige seine Rolle im größeren Bild noch finden. »We are still telling our story. Staying away from the mainstream. The fans came to us.« Dieses Märchen kann er nicht länger predigen, wenn es auch verständlich ist, dass er immer noch daran festhalten möchte. Nun haben wir einen Messias, der die Geschichten eines Jungen predigt. Erst mit dem nächsten Album wird Kendrick die Chance bekommen in seine neue Rolle hineinzuwachsen, eine Rolle die er sich wahrscheinlich nicht selbst ausgesucht hat.