Ambientwabern, stolpernde Drums, ein Tamburin, ein Synth-Riff irgendwo zwischen Theo Parrish und Trance-Gräueltaten – die Erfolgsgeschichte von Hyph Mngo ist gar nicht so leicht zu erklären, wenn man sich die einzelnen Baustücke des – und das kann man spätestens nach der Evaluation der Jahrescharts der elektronischen Presse mit Fug und Recht behaupten – Konsenstracks des letzten Jahres vergegenwärtigt. Um sich jene Ausnahmestellung zu erklären, hilft kalte Analytik nicht weiter. Im Gegenteil: die Zauberworte heißen, mal wieder, Emotion und Timing. Der erst 22jährige Süd-Londoner Peter O’Grady, dessen Onkel Ray Keith ihn sehr früh mit den damals aktuellen Spielarten britischer Rave- und Bass-Kultur vertraut machte, scheint mit einem beneidenswerten Gespür dafür gesegnet zu sein, den Zeitgeist auf den Punkt zu bringen und ihn gleichzeitig nuanciert zu pointieren. So unterscheidet sich sein universaler Zugang nicht wesentlich von der Pionierarbeit, die beispielsweise der hochgeschätzte Martyn seit einigen Jahren leistet. Dennoch muss Joy Orbison, wie sich O’Grady etwas ungelenk nennt, diesem Amalgam – bestehend aus dem britischen 2-Step- und UK Garage-Erbe, dem Gänsehautpotential von Detroit Techno und der seligen Wärme der 3Chairs-Klicke – noch etwas hinzugefügt zu haben, was bislang fehlte. Was dies genau ist, lässt sich erneut nicht eindeutig beziffern, aber die Art und Weise wie Orbison auch nach diesem, jetzt schon als epochal zu bezeichnenden, Einstieg traumwandlerisch sicher mit jedem weiteren Release für Gänsehaut sorgt, lässt uns wieder zu dieser ungenauen Größe »Emotion« zurückkehren. Egal, ob er Jose James’ Blackmagic in eine 2-Step-Ballade übersetzt, auf dem beim Erscheinen dieser Zeilen endlich veröffentlichten So Derobe ein Boys II Men-Sample in einen wohligen Deephouse-meets-Brokenbeat-Kontext verfrachtet oder mit The Shrew Would Have Cushioned The Blow elegant auf die Peaktime pocht: Joy Orbison ist gekommen, um zu bleiben. Und dass er zukünftig auch ein verlässlicher Labelchef sein wird, ist seit dem 22. Februar auch klar. Gestatten, George Fitzgerald. Aber dazu vielleicht später mehr.
Jahresrückblick 2021 – Top 50 Albums
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