»The White Stripes are silmultaneously the most fake and the most real band in the world« sei der beste Satz, der je über seine 1997 mit seiner Ex-Frau Meg White formierte Band, die im vergangenen Monat ihre Auslösung bekannt gab, gesagt wurde, sagt Jack White und formuliert damit so etwas wie den Schlüssel zum Verständnis der White Stripes. Es sind Worte, die nachhallen, während Emmett Malloy uns mit Under Great White Northern Lights auf die letzte Tour der Band durch Kanada im Sommer 2007 mitnimmt. In allen Provinzen des Landes wollten sie spielen und so zieht es sie nach Toronto ebenso wie nach Iqaluit, einem 6.000-Seelenort in der arktischen Wüste. Der Film zeigt die kanadischen Landschaften und Orte dabei nicht nur als Kulissen für einen erweiterten Musikclip, sondern schafft es aus der Weite und Stille Kanadas einen Gegenpol zu den lauten und dichten Liveperformances aufzubauen. Ein Gegenpol, der, ohne dabei viele Worte zu verschwenden, in erstaunlicher Weise das Konzept der Band sichtbar macht. Denn es ist gerade der Spagat zwischen inszenierter Cooperate Identity (schwarz, rot und weiß durchziehen die Geschichte der Band wie auch Malloys Film) und Rückkehr zur absoluten Natürlichkeit und Spontanität, der den White Stripes gelingt, wie kaum einer anderen Band.
Der Film bewegt sich methodisch zwischen Interviews und Livemitschnitten, gibt aber vor allem den intimen und raren Momenten hinter der Bühne, auf den Wegen durch die Provinzen, in den Bars nach der Show genügend Zeit und übt dabei zurückhaltende Distanz, so dass der Zuschauer das seltene Gefühl bekommt, Jack und Meg auch fernab jeglicher Inszenierung bei der Arbeit zusehen zu können. Vor allem die spontanen Auftritte auf den Marktplätzen, im Bowlingclub, auf einem Schlepper im Hafen oder beim Stammesältesten der Inuit begeistern dabei in ihrer Direktheit.
Under Great White Northern Lights ist ein leiser Film über eine laute Band. Neben Jack, der wie üblich die Interviews dominiert, kommt auch Meg zu Wort (wenn auch meist untertitelt, da akustisch kaum verständlich) und der Zuschauer bekommt seltene Einblicke in das Verhältnis der beiden zueinander und zu ihrem Werk. Letzteres Verhältnis wird klarer, wenn Jack verrät, dass er es sich absichtlich schwerer macht, als nötig, wenn er die Orgel auf der Bühne so platziert, dass er Mühe hat, sie zu erreichen oder Plektren für den Ersatzfall am anderen Ende der Bühne aufbewahrt. Hier offenbart er sich als Getriebener, der Musik mit einer unbedingten existentiellen Leidenschaft betreibt und dadurch den Versuchungen der Massengefälligkeit immer wieder entgeht. Meg hingegen bildet so etwas wie den notwendigen Raum, den sie auch rein technisch immer wieder schafft. Sie ist es die Jack an den Drums die Nischen freipeitscht, in denen er aufgehen kann. Und so ist es letzendlich auch ein Film über Hingabe, Selbstvergessenheit und Abhängigkeit – verdichtet im letzten Bild des Films, in dem Jack White Moon auf dem Klavier spielt und anschließend die zu Tränen gerührte Meg in seine Arme nimmt.