Es war Freitagnacht auf dem Splash!. Dendemann und K.I.Z hatten das Publikum längst in Jubelarien versetzt, sie zum Pogen animiert und die Hände der Menge konstant in der Luft gehalten, als eine merkwürdige Gestalt hinter dem DJ-Pult der kleineren Bühne erschien. Aalglatte Haare, fahle Gesichtsfarbe und ein etwas zu großes, rotes T-Shirt. Es hätte irgendein 17-jähriger Nerd sein können, der seinen Nintendo DS auf der Bühne sucht. Kenner (und solche die die Running-Order im Kopf hatten) wussten es allerdings besser: Das ist Hudson Mohawke. Neben mir sagt einer: »Ey, der ist bekannt dafür, dass seine DJ-Sets immer ein echter Rave sind«. Er sollte Recht behalten. Derart rhythmische Bewegung im Publikum hatte es zuvor auf dem Festival noch nicht gegeben. Zwar lockte der Schotte keine Massen an, diejenigen die gekommen waren, stampften aber zum übermenschlichen Bass, wackelten zu den Drums und übten sich im »back leanen«. Allerdings weitaus graziler als Fat Joe. Was HudMo da in knapp einer Stunde an Tunes durch die Menge rasseln ließ, nahm diese überschwänglich auf. Ob er bekannte Rap-Club-Hymnen wie Int†˜l Players Anthem , It†˜s Goin†˜ Down oder What Happened To That Boy mit noch mehr Bass tiefer legte, R&B-Sounds mit Wobble-Synthies aus dem Schlafzimmer jagte oder HiHat/Snare-Drum Arien ausspielte – das Energiependel zitterte ohne Unterbrechung wie verrückt im roten Bereich. Erstaunlich wie es der junge Mann versteht kommerzielle Clubtracks richtig einzusetzen. Nie fühlte man sich wie in einer Atzen-Disco, weil Mohawke ein feines Gespür dafür bewies, bekannte Tracks durch exotische Jungle-/Dance-/Wasauchimmer-Geräte abzulösen. Dazwischen konnte der Fan (als solche outeten sich im Laufe des Sets 75 Prozent der mitgereisten HHV-Belegschaft) dann auch noch Tracks aus HudMo†˜s neuer EP heraushören: Monströse Synthiestränge treffen da auf elektrische Posaunen und bösartige Claps. Ein Wunder war es, dass das Plastik-Krokodil, das die elektrifizierte Menge umherschleuderte, diesen Abriss überlebte. Es gab eigentlich nur einen, dem ein undankbarerer Job zukam, als dem Schwimmgerät: Einem gewissen Diplo nämlich. Der übernahm ohne Verschnaufpause das MacBook und die Turntables und musste versuchen die aufgebaute Power des Hudson Mohawke DJ-Sets zu halten. Eine sympathische Festival-Welt in der ein schnieker junger Mann versuchen muss die Spannung aufrechtzuerhalten, die ein unscheinbarer Bubi in unvergleichlicher Manier aufgebaut hat.
Zwölf Zehner – Juli 2014
Kolumne