Halbjahresrückblick 2017 – Best Rock & Pop so far

10.07.2017
Das Jahr ist noch halb leer, aber schon vollgepackt mit super Releases. Wir haben grob in vier Genres aufgeteilt, je 20 Platten. Hier unsere Lieblinge aus dem Bereich Rock/Pop. Kann Dudelsack enthalten.
Anna Domino
East And West
Les Disques Du Crepuscule • 1984 • ab 21.99€
Brüssel 1983 klingt wie Twin Peaks 2017 und Anna Domino war damals schon die Coolste, egal ob mit Aretha Franklin Cover, Marc Moulin als Radiopop-Genie oder der unantastbaren Dream-Wave-Blaupause »With The Day Comes The Dawn«. Florian Aigner

Bonnie Prince Billy
Best Troubadour
Domino • 2017 • ab 20.79€
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Bonnie »Prince« Billy zollt mit »Best Troubadour« einem seiner großen Helden Tribut: Der Country-Sänger Merle Haggard, der im vergangenen Jahr starb, hinterließ Hunderte Songs, denen sich Will Oldham respektvoll eigensinnig nähert. Andreas Schnell

Chastity Belt
I Used To Spend So Much Time Alone Colored Vinyl Edition
Hardly Art • 2017 • ab 17.99€
Chastity Belt werden erwachsen und bleiben verwirrt. Für das dritte Album der Post-Riot-Grrrls aus Walla Walla, Washington heißt das: Erst Gedanken, dann Bier aufmachen. »I Used To Spend So Much Time Alone« verhandelt Coming-of-age-fuck-up in überpräzisen Riffs. Jennifer Beck

The Courtneys
II
Flying Nun • 2017 • ab 23.99€
Courtneys »II« kommt ohne zweites »90210« aus und verbrät gleich zwei Vorab-Singles, kann aber himmelschreiende Melancholie und gedrückte Euphorie ähnlich gekonnt wie sein Vorgänger in Langzeitkleber-Refrains verpacken. Der Anti-Winter-Soundtrack für Menschen, denen Pavement zu arrogant, Sonic Youth zu angestrengt und das Gitarrengewichse von J Mascis zu nudelig ist. Kristoffer Cornils

Deux
Decadence
Minimal Wave • 2010 • ab 27.99€
Man muss schon fair bleiben: gerade New Wave geht meistens nach zwei, drei Songs eeeeher auf den Sack. Deuxs »Decadence«, aufgenommen zwischen 81 und 83 ist eines dieser seltenen Wave-Alben, die man am Stück durchhören kann. Dass die beiden Süßkuchen Cati Tete und Gérard Pelletier Franzosen sind, spielt dabei keine unerhebliche Rolle, unglaublich charmant das Ganze. Philipp Kunze

Dirty Projectors
Dirty Projectors Colored Deluxe Vinyl Edition
Domino • 2017 • ab 23.39€
Die entscheidende Frage ist doch: Hätte David Longstreth sich schon eher von Frau und Band getrennt, wenn er gewusst hätte, dass diese Musik dabei rumkommt? Auf dem siebten Album seines Nun-Soloprojekts Dirty Projectors verkompliziert der New Yorker Dufflecoatmann den R’n’B, um am Ende zu einem simplen Schluss zu kommen: Drake ist der beste Rockmusiker unserer Zeit. Jennifer Beck

Emmanuelle Parrenin
Maison Rose
Souffle Continu • 1977 • ab 26.99€
Eine schnörkelige Arthouse-Chanson-Platte aus dem Jahr 1977? So weit, so Rotwein. Die eigentliche Sensation aber ist das völlig aus der Reihe fallende »Topaze«, ein Stück, das klingt als hätte Emmanuelle Perrenin vor 40 Jahren schon genau gewusst worauf Red Light Radio und NTS heute hinauswollen. Florian Aigner

Ex Eye
Ex Eye
Relapse • 2017 • ab 22.99€
Wen Colin Stetsons Solo-Album in diesem Jahr enttäuschte, wird bei Ex Eye alle Transgressionsversprechen erfüllt sehen: Eine gigantöse Elefantenhochzeit, deren Mitglieder mal nur Teile der Gesamtsumme sind. Kristoffer Cornils

Japan Blues
Sells His Record Collection
Japan Blues • 2017 • ab 18.99€
Japan Blues’ »Sells His Record Collection« lässt schelmenhaft alle südostasiatischen Klischees mit verwirrender Heftigkeit aufeinanderprallen und ist damit das reinste Fetischwarenangebot, klingt allerdings wie selten irgendetwas zuvor – rausgerechnet natürlich Williams’ eigene NTS-Radioshows, die hierfür Pate standen. Vermutlich Slavoj Žižeks liebste Sommerplatte 2017, unsere aber auch. Kristoffer Cornils

Jane Weaver
Modern Kosmology
Fire • 2017 • ab 19.99€
Jane Weaver ist die ewige Underground-Musikerin der britischen Pop-Landschaft. Das frühere Bandmitglied von Kill Laura haut ein gutes Album nach dem anderen raus, ohne dass ihr die gebührende Beachtung geschenkt wird. »Modern Technology« ist der neueste Teil dieser Reihe, ein Psych-Pop-Brocken wie aus dem Lehrbuch. Steffen Kolberg

Kreidler
European Song Black Vinyl Edition
Bureau B • 2017 • ab 20.99€
Das Album nach dem eigentlichen, wieder gestrichenen Album. Direkt und unvermittelt nahmen es Kreidler in fünf Tagen aufgenommen, genauso direkt und unvermittelt schlägt einem »European Song« den Aufruhr und die Unruhe ob der politischen Ereignisse der letzten Monate, ja eigentlich Jahre, um die Ohren. Besser lässt sich Dringlichkeit kaum in Instrumentalmusik ausdrücken. Steffen Kolberg

Luka Productions
Fasokan
Sahel Sounds • 2017 • ab 24.99€
Kauft euch doch mal eine aktuelle Platte aus Afrika. Irgendwie auch befreiend nicht die vierzigste PMG-Reisssue bei sich zuhause stehen zu haben, um endlich minutiös das letzte Young Marco-Festival-Set nachbauen zu können. Erste Adresse hierfür: Sahel Sounds, beste Platte 2017 dort: Luka Productions. Florian Aigner

Molly Nilsson
Imaginations Black Vinyl Edition
Dark Skies Association • 2017 • ab 21.99€
Es ist jetzt nicht so, dass einen Molly Nilsson mit jedem neuen Album auf einen vollkommen neuen Trip abholt. Aber es kann halt auch so erfüllend sein, mittelprächtig anverliebt auf dem Dielenboden mit ihr zu liegen, und wieder zu diesem desinteressierten Synth-Pop Rotwein zu verschütten. Philipp Kunze

Mr. Mitch
Devout
Planet Mu • 2017 • ab 9.99€
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Mr. Mitch paart auf »Devout« gefühlvollen Soul und Pop mit schweren Bässen und warmen Sounds auf UK Bass- und Grime-Basis. Musikalisch minimal energiegeladen, garantiert Kitsch- und Pathos-frei emotional schwelgerisch arrangiert. Andreas Brüning

Perera Elsewhere
All Of This
Friends Of Friends • 2017 • ab 18.99€
War Sasha Pereras Solo-Erstling »Everlast« noch weit draußen, ist »All Of This« voll und ganz hier. Pereras Stimme, der Bass, überhaupt alle eingesetzten Sounds kommen direkt und mit klarer Kante daher, und doch ziehen sie Schlieren. Das verleiht der Platte diesen unverkennbaren Perera Elsewhere-Sound, macht sie zu einem sonderbaren Nachtschattengewächs. Steffen Kolberg

Sampha
Process
XL • 2017 • ab 27.99€
Nach unzähligen Auftragsarbeiten legte Sampha in diesem Jahr sein Debütalbum »Process«. Im Zeitraffer reflektiert der britische Künstler darauf das/sein Leben und verarztet sich selbst dabei. Selten stand man Trauer, Angst, Selbstzweifeln und Paranoia bereitwilliger bei. Tim Tschentscher

sir Was
Digging A Tunnel
City Slang • 2017 • ab 20.99€
Joel Wästberg aka Sir Was spielte für José Gonzalez und Junip Schlagzeug, sein eigenes Material hielt er aber die letzten fünfzehn Jahre unter Verschluss. Aber jetzt: Schluss mit falscher Bescheidenheit. Der Schwede hüllt auf seinem Debüt Diggin‘ A Tunnel überraschende Samples (Dudelsack!), groovy Rhythmen und Rapeinlagen in ein verträumtes Pop-Gewand. Heraus kommt mit »In The Midst« mindestens ein Überhit und ein Album zwischen flirrendem Schwebezustand und geerdetem Zu-sich-selbst-finden. Steffen Kolberg

Sleaford Mods
English Tapas Red Vinyl Edition
Rough Trade • 2017 • ab 18.99€
Sleaford Mods, die begnadeten Pöbler aus Nottingham bleiben sich mit »English Tapas« treu, ohne stehen zu bleiben: Minimalistisch, zornig, den Daumen am Puls der Gesellschaft, aber neuerdings mit ganz sachte angedeuteten Hooklines. Andreas Schnell

Slowdive
Slowdive Black Vinyl Edition
Dead Oceans • 2017 • ab 28.99€
Reunions alter Helden-Bands sind häufig eine Enttäuschung. Slowdive dagegen tauchen gut zwanzig Jahre nach ihrer Auflösung mit einem Album wieder auf, das keine Fragen an seiner Relevanz offenlässt. Andreas Schnell

Sophia Kennedy
Sophia Kennedy
Pampa • 2017 • ab 21.99€
Sophia Kennedy spielt mit allem und am meisten mit dem Nichts. Das erste Album der Lipstick-and-Cigarettes-Frau ist ein Film ohne Plot und dementsprechend genial. Der Kniff an einer Platte für niemanden ist ja, dass sie jeder gut finden kann. Sie steuert so egal zwischen Musical, Simone und Gebrauchslyrik umher, dass sie jeden irgendwann abholt. Jennifer Beck


Und diese 100 Schallplatten wurden im ersten Halbjahr 2017 bei uns im Webshop am heißesten gehandelt.