Die Philosophie und der Sound, der hinter Stones Throw steckt, dürfte für Außenstehende teils befremdlich wirken. Von Tokyo bis Buxdehude verehren die Anhänger des kalifornischen Labels ihre »Auserwählten«, vorrangig Madlib und J Dilla, die sich zu keinem Zeitpunkt dem Mainstream anbiederten. Für viele transportiert das, was Peanut Butter Wolf, seit den frühen Neunzigern, zu einem der einflussreichsten HipHop-Indielabels etablierte, ein Lebensgefühl, das mit Dilla-Shirts und idealistischen Realness-Debatten nach außen getragen wird. Als M.E.D. und Guilty Simpson, zwei weitere Aushängeschilder, an einem Mittwochabend in Berlin die Bühne betreten, wird auch klar, warum um die kleine Plattenfirma so ein kultischer Hype herrscht. Nachdem Lokalmatador und Melting Potter Suff Daddy den Warm-Up vollendete, war es dann gegen Mitternacht soweit: Guilty Simpson und M.E.D. betraten mit sichtlicher Vorfreude und leicht geröteten Augen die Bühne. DJ X-Rated aus dem Snowgoons-Umfeld spielte ihnen, ohne größere Showeinlagen, die Beats zu und Guilty begann sein Set mit einigen Songs aus Ode To The Ghetto, bei denen ihn die mittlerweile dicht gedrängte Crowd textsicher unterstützte. Den emotionalen Höhepunkt lieferte er mit A Man’s World, dessen von Dilla geflipptes James-Brown-Intro bereits Gänsehaut erzeugte und mit: »some words for my father« angekündigt wurde.
Zum Feature-Track The Future übernahm M.E.D. die Zeremonie und riss die Menge von Beginn an in seinen Bann. Mit dem noch frischen Album Classic im Gepäck und einer gehörigen Portion Charisma gelang es ihm, das Stimmungsbarometer nochmal nach oben zu schrauben. Die neuen Singles Where I’m From und Classic fanden ebenso Hände-hebenden Anklang wie Tracks vom Erstling Push Comes To Shove oder Raid sein Madvillain-Feature. Und was wäre eine Stones-Throw-Night ohne Dilla-Tribute, von der sich beide Artists immer noch emotional berührt zeigten, aber die aus einem Live-Set, zweier mit Jay Dee’s Laufbahn so eng verzahnter Artists, einfach nicht wegzudenken ist. Ihre größten Hits haben sie ihm zu verdanken und so wirkten die zahlreichen Zwischen-Kommentare über den, ihrer Meinung nach »best producer, who ever did it« alles andere als inflationär. Die gut-gelaunten, fast schon verloren umher-streifenden »Stars« scheuten auf der Aftershow-Party keinerlei Publikumskontakt und sorgten für einen würdigen und herzlichen Abschluss, eines musikalisch rundum gelungenen Abends.
Betty Ford Boys – Beats aus der Bude
Interview