Helena Ratkas Plan ist nicht ganz aufgegangen. Wenige Jahre nach ihrem Studium der Visuellen Kommunikation bei Wim Wenders hatte sie angefangen, einen Dokumentarfilm über den flüchtigen Realitätsbegriff in gegenwärtigen Demokratien zu machen. Aber dann, nach 2016, sei weltpolitisch zu viel passiert, schreibt sie uns. Die Ereignisse überschlugen sich und der Film liegt jetzt auf Eis. Praktisch also, dass die Hamburgerin neben dem Langfilmemachen noch eine Reihe weiterer Talente auszuleben weiß: seit 2011 ist sie als Ratkat Resident DJ im Goldenen Pudel, daneben dreht sie Videos und komponiert Musik für Film und Theater. Mit Sophia Kennedy bildet sie das Duo Shari Vari und als Solomusikerin Pose Dia hat sie bei R.i.O. gerade ihr zweites Album vorgelegt. Es trägt den Titel »Simulate Yourself« und nicht nur der lässt darauf schließen, dass sich Ratka vom Weltgeschehen eben doch nicht so schnell die Pläne durchkreuzen lässt.
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Ein schmaler Grat
Sie findet einfach andere Wege, sich mit der Rezeption von Wirklichkeit auseinanderzusetzen – einem Thema, das sie seit ihrem Studium umtreibt. Aber auch, wer mit fragmentierten poststrukturalistischen Theorien nichts am Hut hat, wird den überzeugten Eklektizismus in Ratkas Arbeiten registrieren. Dass sie schon zu Schulzeiten sonntags zum Clubabend namens MFOC gedackelt, äh, gepudelt ist, ist in ihrer musikalischen Prägung natürlich nicht folgenlos geblieben. Mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der sie als DJ verschiedene IDM-Spielarten kombiniert, bastelt sie als Musikerin Lofi-Synth-Pop mit rauen, wütenden Wave-Elementen oder gleichmütigem Sprechgesang mit Hip-Hop-Anklängen zusammen. Vor allem auf ihren eigenen Platten kann man einen starken Reiz am Gegensätzlichen ausmachen: sie wandeln irgendwo zwischen düster und schrill, zwischen frech und zurückgenommen, zwischen Rave und Panikattacke. Helena Ratka überrascht ihr Publikum gerne, »ohne es aus der Welt zu katapultieren«, schreibt sie. Dafür braucht es reichlich Raffinesse, denn: »Es ist ein schmaler Grat zwischen Heraus- und Überforderung.«
Simulate Yourself