Guest Mix: Cheb Gero

12.09.2024
Cheb Gero sammelt gerne Dinge, mit denen man nie Freunde zum Umziehen findet: Kunstbücher und Platten. Für uns hat der Betreiber des Akuphone-Labels einen nur auf türkischen Kassetten basierenden Mix aufgenommen.

Mindestens 6.000 LPs aus den vergangenen 60 Jahren stapeln sich in der Pariser Wohnung von Cheb Gero, der eigentlich Gery heißt: Algerischer Raï, Barimba aus Benin, jüdische Juwelen – was man irgendwann mal auf der Südseite des Globus abgespielt hat, landet heute in den Händen von Gero.

Seit 2015 führt Gero das Label Akuphone. Darauf erscheint Musik, die von da und dort und überall kommt. Beziehungsweise kam. Meistens sind es Platten oder Kassetten, die es nie über ihre Landesgrenzen geschafft haben. Und dann plötzlich auf Tellern auf, sagen wir: Neuköllner Rooftops ihre Runden drehen. Knapp 100 Releases hat Gero mit Akuphone rausgebracht. Zuletzt waren von musikalischen Ethnografieseminaren bis hin zu elektronischen Gegenwartsgeräuschen mehrere Weltreisen dabei.

Kopfstimmen aus Kambodscha

In Geros Bio steht nicht umsonst »Record Dealer«. Während der 2000er arbeitete er in einem Pariser Plattenladen und »vervollständigte sein Musikwissen«, wie er schreibt. Als Gero mit chinesischer Volksmusik ins Label-Leben wechselte, folgten bald: Mönchsgesänge, Sinhala Pop, Kopfstimmen aus Kambodscha. Das mag zunächst wie ein wahlloser Griff in die verstaubte Schublade der Weltmusik wirken, hat aber Profil.

»Ich möchte die Musikrichtungen in ihren historischen wie politischen Kontext stellen«, sagt Gero. »Natürlich geht es vordergründig um die Musik, aber: Nur wenn wir ihre Entstehungsbedingungen kennen, können wir verstehen, worum es darin geht.« Deshalb arbeite Gero wie ein Archäologe – gräbt sich allerdings statt Steinschichten durch die Flohmärkte der französischen Hauptstadt. Um schließlich wieder eine Fund in seine Wohnung zu tragen. Und diese dann z.B. für einen Mix zu nutzen, wie diesen, der ausschließlich auf türkischen Kassetten basiert.