Die Brooklyner Band Grizzly Bear ist eine der wenigen nicht-elektronischen Acts auf Warp, dem britischen Label, das einst mit Seefeel, Aphex Twin oder LFO genau jene elektronische Musikwelt revolutionierte. Dass die Band um Mastermind Chris Taylor dieser Welt nicht entstammt, macht dabei weiter nichts, bewegt sie sich doch jenseits alter Grenzen. Das ist auch auf dem neuen Album »Shields« nicht anders. Wir sprachen mit Chris Taylor über die Zeit in der Wüste, die Suche nach dem immer Neuen und eine Lady namens Stella.
Euer letztes Album »Veckatimest« war sowohl bei den Kritikern wie auch beim Publikum unglaublich erfolgreich. Wie groß war der Druck mit »Shields« daran anknüpfen zu können?
Chris Taylor: Wir haben uns einfach selbst absichtlich total unter Druck gesetzt. Ich bin gerade erst mit meiner Solo-Platte als CANT bis Ende Januar auf Tour gewesen und Anfang Februar war ich dann sofort zurück im Studio, um bis Mitte Mai jeden Tag an der neuen Grizzly Bear zu arbeiten. Ich freue mich darauf, dass die Platte nun auf den Markt gekommen ist und ein eigenständiges lebendiges Wesen daraus wird.
»Shields« fühlt sich so an, als wolltet ihr Neues ausprobieren…
Chris Taylor: Wir haben fast ausschließlich versucht, genau das zu machen. Einfach, um es auch interessant für uns zu gestalten, um die Romantik am Leben zu halten, ohne kitschig klingen zu wollen. Aber in der Tat ist genau das das Schwierigste. Man ist in einer siebenjährigen Beziehung mit drei anderen Typen und man muss versuchen, diese seltene und unerwartete Schönheit in den Dingen zu finden. So ist es in einer langen Beziehung, sei sie nun romantisch, persönlich oder professionell.
Also würdest du, in Anbetracht des gesamten Oeuvres von Grizzly Bear, »Shields« als das experimentellste Album bezeichnen?»ch versuche sowohl als Instrumentalist als auch als Aufnahmetechniker und Produzent immer wieder neue weiße Hasen aus dem Hut zu zaubern.«
Chris Taylor
Chris Taylor: Nein. Ich weiß, dass ich immer mit neuen Ansätzen experimentiere, um neue Texturen, neue Farben zu kreieren. Ich versuche sowohl als Instrumentalist als auch als Aufnahmetechniker und Produzent immer wieder neue weiße Hasen aus dem Hut zu zaubern. Das war schon die ganze Zeit so. Erzähl mal wie das neue Album entstanden ist: Wo habt ihr es aufgenommen?
Chris Taylor: Wir haben im Juni 2011 angefangen. Wir haben uns in Marfa, Texas in gewisser Weise erstmal neu kennenlernen müssen und sehen, wie unsere Leben uns selbst persönlich verändert hatten in dem guten Jahr, das wir uns nicht mehr gesehen hatten, und mussten erst herausfinden, wie wir wieder als Team funktionieren. Marfa ist ein echter Wüstenort, ohne Flora und Fauna. Dort haben wir neun Songs aufgenommen und zwei davon blieben übrig. Es war wirklich ein Prozess des Ausspülens, wo sich jeder einfach hat gehen lassen. Dann haben wir uns im Februar wiedergetroffen, um ernsthaft die Skizzen im Studio zu richtigen Songs umzumünzen. Mitte Mai waren wir dann komplett fertig mit Mixen und allem, was dazu gehört.
Und hat euch die Zeit in der Wüste beeinflusst?
Chris Taylor: Es gab ein sonniges Gefühl in den Sachen, an denen wir dort gearbeitet haben. Wir haben zwischen den Aufnahmen viel Zeit in der Sonne verbracht, und du verstehst, wie sich eine Echse in der Sonne fühlt: Es gibt die Ruhe in der Hitze und diese Gelassenheit – aber andererseits kann es auch sehr klaustrophobisch sein. Wir konnten die Klimaanlage im Studio nicht anmachen, da man sie gehört hätte, also war alles total verschwitzt. Es konnte also unerträglich und beruhigend zur gleichen Zeit sein.
Was machst du, um in diesen Situationen, in denen so viel von dir verlangt wird, deinen Kopf freizukriegen?
Chris Taylor: Yoga, Meditation, so abgeschmackt das auch klingen mag. Seitdem ich 13, 14 war habe ich gemerkt, dass Meditation eine der wichtigsten Sachen für mich ist. Meine Kindheit war alles andere als friedlich also brauchte ich etwas, um Klarheit zu finden, und das war meine Antwort auf das Chaos, das mich umgab. Und so verwende ich das immer noch als Lösung auf die Probleme, die mich heute betreffen. Davon abgesehen koche ich sehr gerne, und ich arbeite ziemlich viel an meinem Motorrad. Ich habe eine 1970er BMW/5 und es ist zurzeit ein bißchen so als stünde ich diesem Motorrad näher, als irgendeinem Mädchen. Ich wünschte, das wäre etwas anders, aber ja, ich verbringe eben viel Zeit mit meinem Motorrad.
Hast du ihr einen Namen gegeben?
Chris Taylor: Stella.