Ghostpoet – Ein Klavier, etwas Dim Sum und ein Halbmarathon später

07.05.2013
Foto:Malte Seidel
Ghostpoet ist zurück, und auch wenn er seine Tracks immer noch in einem Stil murmelt, der zu seinem Markenzeichen wurde, sind seine Intentionen klarer: Inhalte über sich selbst liefern, möglichst in jeder Perspektive, in Bezug auf alles.

Ghostpoet ist zurück. Und auch wenn er seine Tracks noch in dem ihm eigenen Stil murmelt, sind seine Intentionen noch deutlicher: Inhalte über sich selbst liefern, in jeder Perspektive und in Bezug auf alles. Für sein neuestes Album »Some Say I So I Say Light« ging er mit einem Produzenten ins Studio. Dies hat das Album experimenteller gemacht ohne dass die introvertierte und einsame Atmosphäre verloren ging, – Dank eines verlassenen Klaviers in East London.

Wie hat das Laufen eines Halbmarathons dein Album beeinflusst?
Ghostpoet: Das Laufen hat mir generell geholfen, meine Gedanken mehr zu fokussieren und disziplinierter zu sein, wenn es darum geht, kreativ zu sein. Ich habe mit dem Laufen angefangen, um gesund zu bleiben. Aber um gesund zu bleiben, muss ich auch kreativ sein. Es funktioniert alles Hand in Hand. Es half mir am Leben zu bleiben und darüber zu reden. Das ist ein bisschen extrem… aber es hat meinem Leben und der Musik definitiv geholfen.

Pringles, French fries, Dim Sum, food trucks, morsels und nicht zu vergessen peanut butter und jelly. Was hat es damit auf sich, dass Essen in deiner Arbeit so tonangebend ist?
Ghostpoet: Ich mag Essen. So einfach ist das! Ich bin ein großer Fan von Essen. Ich mag es von Dingen zu reden, mit denen sich jeder identifizieren kann und Essen spielt in unserem täglichen Leben eine große Rolle. Ich denke, es ist eine unbewusste Sache, aber ich denke viel über Essen nach. So macht es auch Sinn, dass ich darüber schreibe oder von Zeit zu Zeit darauf verweise. Ich denke, jede Thematik kann etwas Besonderes sein. Ich denke, es kommt einfach nur darauf an, wie man es rüberbringt, sei es musikalisch oder lyrisch.

Im Song »Thymethymethyme« sagst du »…now it’s time to find out where I really want to be.« Ist dies die generelle Geisteshaltung, die du hattest während du das Album gemacht hast?
Ghostpoet: In gewisser Weise war es so. Es ist einfach diese Sache des Älterwerdens… Ich bin jetzt 30 Jahre alt und es ist als wäre das Leben nun zu einem bestimmten Punkt vorbei , für mich zumindest. Es ging viel darum, in meinem Kopf klar zu bekommen, wohin ich mit meiner Karriere und meinem privaten Leben wollte und herauszufinden versuchen, wo ich sein möchte und was mich glücklich macht. Es ist ein permanentes geistiges Streben für mich – zum Teil, weil ich einfach alles überdenke, analysiere und gegenanalysiere.

»Ich denke, jede Thematik kann etwas Besonderes sein. Ich denke, es kommt einfach nur darauf an wie man es rüberbringt sei es musikalisch oder lyrisch.«

Ghostpoet
Denkst du, deine Texte würden als Prosa funktionieren oder sind sie von der Musik abhängig, um zu funktionieren und einen Sinn zu machen?
Ghostpoet:Ich schreibe zuerst die Musik und dann den Text. Jene Texte sind dann für den jeweiligen Track maßgeschneidert. Ich habe keine Blöcke mit Texten, die ich durchblättere und einfach in die Tracks stecke. Prosa ist nicht wirklich in meinem Kopf. Ich denke nicht, dass meine Texte so toll sind. Ich denke, sie sind in Ordnung. Sie sind ehrlich. Wenn du sie an die Seite großer Kunstwerke stellst, werden sie verlieren.

Es ist interessant dass deine Musik vor den Texten kommt, mit einem Namen wie Ghostpoet, der eher auf einen poetischen Hintergrund schließen lässt.
Ghostpoet: Das ist mein Fehler. Ich wünschte, ich hätte mich nicht so genannt. Wenn man jünger ist, dann macht man Sachen ohne an die Auswirkungen der Handlung zu denken. Ich dachte damals es funktioniere. Die ganze Poeten-Sache bedeutete für mich, nicht als Rapper gesehen zu werden. Ich wollte etwas auf dem Papier, dass nicht auf die Musik dahinter verweist. Das ist fast eine unbewusste Mission von mir: Es geht nicht um das Visuelle oder um den Namen oder die Marke, sondern um die Musik und welche Gefühle diese in dir auslöst. Das ist es, was ich versucht habe mit dem Namen auszudrücken. Aber es lief schief. Ich hätte mich einfach »Ben« oder irgendwie langweilig und schlicht nennen sollen. Ich könnte ein Symbol, wie ein Computer-Short-Cut zu meinem Namen hinzufügen. Apple command… yeah, das werde ich machen. Das wird meine nächste Mission sein!

Diese Mal hast du nicht zu Hause produziert, sondern in einem Studio, dennoch klingt das Album immer noch ziemlich einsam und introvertiert. Hinsichtlich der Produktion: Was ist gleichgeblieben und was hat sich verändert?
Ghostpoet: Das Demo wurde zu Hause gemacht. Ich zog vor anderthalb Jahren nach Dalston in East London und merkwürdigerweise war da ein Klavier in dem Zimmer, in das ich zog. Es war kurz bevor ich begann, die neue Platte zu machen. Ich dachte, ich könnte anfangen, damit herumzuspielen und sehen, was dabei herauskommt. Ich kann nicht Klavier spielen, aber es fühlte sich einfach gut an, ein physisches Instrument zu meiner Verfügung zu haben und ein Klavier kann einfach so tiefgründig sein. So begannen all die Demos damit. Die ursprüngliche Finsternis der Platte, der Faden dieser Finsternis, der stammt vom Klavier. Die Arbeit im Studio und mit dem Produzent Richard Fromby war erkenntnisreich. Er ermutigte sehr stark meine Kreativität. Er hat auch meine Augen für die analoge Welt geöffnet, da der Umgang mit analogem Equipment bisher fremd für mich war. Als diese Tür geöffnet war, begann es wirklich Sinn zu machen, was ich im Begriff war zu kreieren. Was ich wirklich brauchte, war, Dinge physisch zu formen und zu verändern.

Mit welchem analogen Equipment hast du gearbeitet?
Ghostpoet: Mit Modularen Synthesizern, analogen Synthesizern, Tape-Echos, Halleffekten und anderen Sachen, die wir für uns behalten, weil es gut ist, das Geheimnis zu bewahren. Es veränderte einfach alles. Ich realisierte, dass es da diese Sounds gab, die ich bisher aus logischen Gründen benutzt habe und das ist wie sie zu Stande kamen, das ist die Essenz des Ganzen.

Viele deiner Songs drehen sich um sehr kurze Ostinatos und schaffen damit einen eingängigen, trance-artigen Vibe durch die Wiederholung, die beinahe surreal ist. Ostinatos findet man in elektronischer Musik, aber diese Rhythmen gehen auf afrikanische Musik zurück. Siehst du deine Musik als Teil einer musikalischen Tradition?
Ghostpoet: Nein. Es ist einfach Musik der Zeit, aus dem Jetzt. Ich lebe hier. Ich lebe in dem Moment. Für mich geht es darum, Musik zu machen, die eine Zeit in meinem Leben reflektiert und dann mit etwas anderem weiter zu machen.