Manchmal muss man sich erst trennen, um gemeinsam weiterzumachen. Das klingt wie ein Widerspruch und kann doch dazu führen, dass u.a. die Kreativität in einer Beziehnug wiederbelebt wird. Evvol, das sind Julie Chance und Jon Dark. Die Beiden haben mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit gebrochen. Und dann ihre Ziele zusammen weiterverfolgt.
Vor einigen Jahren spielten Julie und Jon bereits zusammen in der New Wave-Formation Kool Thing Inspiriert von der No Wave-Ikone Kim Gordon war der gleichnamige Song »Kool Thing« von Sonic Youth damals ein wichtiger Einfluss für sie. Sie tourten durch Europa und Australien und teilten sich die Bühne mit ähnlich freigeistigen Musikern wie Austra oder Grimes. Doch mit Evvol wollen sie diese Vergangenheit hinter sich lassen und in neue Richtungen aufbrechen.
Julie fasst diesen Umstand in unserem Interview kurz und pragmatisch zusammen: »Jon und ich sind seit dem Beginn unserer ersten Band Kool Thing in einer romantischen Beziehung. Als wir uns zwischenzeitlich getrennt haben, hat sich auch Kool Thing getrennt. Mit Evvol versuchen wir einen gemeinsamen Neuanfang, der ganz frei und ungezwungen daherkommen soll.« Der Bandname symbolisiert dabei die Evolution, die sie in diesem Verlauf durchgemacht haben. Sie packten ihre Instrumenten, Inspirationen und ausreichend Essen für den Tag zusammen und schlossen sich im Studio ein, um mit musikalischen Ideen zu experimentieren. Dabei gab es keine eindeutige Rollenverteilung in der Band. Es ging ihnen vielmehr darum, sich musikalisch treiben zu lassen um neue Wege und Methoden zu erforschen.
Von diesem unbeschwerten Arbeitsprozess zeugt auch der Albumtitel ihres ersten gemeinsamen Albums als Evvol, »Eternalism«. »Wir diskutierten natürlich die philosophische Bedeutung des Titels. Dabei stand aber weniger die Vorstellung eines unendlichen Raum-Zeit-Verhältnisses im Vordergrund. Vielmehr ging es uns dabei um die Suche nach einer Ewigkeit ineinander und im gemeinsamen kreativen Schaffen«, erläutert Jon diese sehr persönliche Bedeutung.
In den melancholischen und harmonischen Klangwelten lassen sie fragmentarische Einflüsse aus Kunst, Fotografie, Film und Musik zusammenfließen. »Wir verfolgen einen bestimmten Sound. Vor allem wollen wir die Emotionalität des Trip Hop der 90er Jahre mit modernen Produktionstechniken verbinden. Aber auch der »Blade Runner«-Soundtrack von Vangelis hat beispielsweise einen großen Einfluss auf uns hinterlassen.« Das Ergebnis ist düsterer Synth-Pop, der gleichzeitig auf erfrischende Weise sanft und reflektiert wirkt.
Diese Dualität zwischen Affektivität und Kompositionen in ihrer Musik spiegelt sich auch in den visuellen Aspekten wie Bandfotos oder Musikvideos wider. Die zwei bisher veröffentlichten Videoclips verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze für eine filmische Widergabe der atmosphärischen Klänge. »Four Steps From Home« gibt die rauschhaften und bunten Geschehnisse einer Nacht in psychedelischen Schnittfolgen wider. Die monochromen Bilderwelten zum Track »Sola« werden hingegen von streng komponierten Symmetrien, klaren Linien und kaleidoskopartigen Spiegelungen in einer weißen Studiokulisse beherrscht. Spontaneität und Emotionen treffen auf Logik und Distanz. Ein weiteres Video zu »Starcrossed« haben die beiden bereits in Planung.
Nach dem anfänglichen Vorhaben, »Eternalism« eigenständig in kleiner Auflage zu veröffentlichen, ergab sich plötzlich eine vielversprechende Gelegenheit. Das renommierte Berliner Label !K7 Records zeigte Interesse. »Wir waren wirklich sorglos im Studio und machten uns keine Gedanken über mögliche Labels. Und dann kam !K7 und wollten es veröffentlichen. Das ist eines der ganz großen Labels, wenn man von guter Musik aus den 90er Jahren und Trip Hop spricht. Dieser Zusammenhang ist einfach großartig«, erzählt Jon mit einem Lächeln im Gesicht. »Wir lieben !K7 einfach, mit deren DJ-Kicks Reihe und Dance Mania. Wir haben wirklich das Gefühl, mit dem Album etwas Besonderes gemacht zu haben. Es ist großartig, dass sie es genauso sehen«, pflichtet Julie begeistert bei.
Als nächstes haben die zwei Musikerinnen geplant, das Live-Potential von Evvol auszuschöpfen und auf Tour zu gehen. So steht bereits das Yo!Sissy Festival Ende Juli im SO36 und das im August stattfindende Pop-Kultur Festival im Berghain auf dem Programm. »Nächstes Jahr sind dann auch die großen Festivals an der Reihe«, kündigt Jon bereits selbstbewusst an. »Wahrscheinlich kommt dann auch eine neue EP, um in Bewegung zu bleiben und es weiter zu treiben.«