Seit fünf Jahren ist Eligh clean. Davor kämpfte der kalifornische Rapper mit Drogensucht und Abhängigkeit, lebte sogar eine Weile auf den Straßen von Los Angeles. Den Weg aus diesem Sumpf beschreibt sein letztes Album Grey Crow und kann dabei gut und gerne als Elighs beste Arbeit bezeichnet werden. Wer also die Bücher für »das beste Hip Hop-Album 2010« schon zugemacht hat, sollte sie nochmal aufschlagen und dieses ehrliche, reife und gewaltig scheppernde Werk auf die Kandidatenliste setzen.
Einmal anhören reicht nicht
Vieles auf Grey Crow kommt dem Hörer zunächst unwirklich vor, so als käme es aus einer fernen und verschwommenen Traumwelt. Die Lieder sind getrennt durch echobehaftete Stimmfetzen, die wie aus einer fernen Wirklichkeit in einen drogeninduzierten Halbschlaf vordringen. Und auch die Lieder selbst beginnen oftmals in unfertiger Disharmonie, nur um sich dann stückweise zu entfalten und ihren vollen melodischen Hinterbau preiszugeben. Eine überraschende Kombinationslust beweist der 32-jährige hier auf der Produktionsebene. Es verschmelzen Synthesizer und satte Bässe mit Trompeten, Klavier und klein gehackten Vocalsamples zu einem immer harmonischer werdenden, dichten Soundteppich.
Ähnliches gilt für Elighs metaphorischen und klug konstruierten Rapstil. Die in hohem Tempo erzählten Geschichten über die Abgründe des Lebens und die Hoffnung, sich wieder aus ihnen zu befreien, sind bei erstmaligem Hören kaum zu erfassen. Und doch offenbaren sich nach einer Weile des Zuhörens poetische Botschaften voller Weisheit und Emotion. Abgerundet werden Beat und Rap außerdem durch männliche und weibliche Refraingeber, die immer mal wieder einen wichtigen Teil zum großen Ganzen beisteuern dürfen.Nach einer Weile des Zuhörens offenbaren sich Botschaften voller Weisheit und Emotion.
Hoffnung in jeder Zeile
Schaut man sich den das Album abschießenden Track Suffocate an, wird deutlich, mit wie vielen Elementen Eligh arbeitet, bevor er aus allen Teilen das wuchtige und dennoch hoffnungsvoll schimmernde Endstück zusammenpuzzelt: Drei abwechselnde Synthesizer-Töne wachsen auf einer dröhnenden Bassfläche zu einer düsteren Grundkulisse zusammen, auf denen Eligh in monotonem Doubletime-Staccato-Rapstil seine Lines bringt. Nach einer Minute wird er von Marty James im Refrain abgelöst, während sich kontrastierende Streicher in das Instrumental einfinden. Dann kurz durchatmen, Stille, und es geht wieder in den Rap, bevor sich alles erneut für den Refrain aufbaut. Irgendwo im Hintergrund hört man leise herumirrende Synthesizer, bis die Streicher nun im Vordergrund allen Raum einnehmen und nicht mal mehr ein Beat zu hören ist. Und plötzlich Lisa Ahlstrom, die dem Lied eine völlig neue Richtung gibt. Dann verkehren sich die Snares ins Gegenteil und laufen rückwärts, die drei Anfangstöne kommen zurück und es ist Schluss. Jedes der Elemente erfüllt hier eine Funktion, alles wächst zu einer ganzheitlichen Stimmung zusammen, einer Stimmung, die das komplette Album prägt. Und das ist es, was Grey Crow so besonders macht. Es ist, als könne man die Hoffnung, die Eligh in jeden Ton und jede Line gepackt hat, spüren. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, aber Eligh belohnt sich selbst und seine Fans mit diesem gar nicht grauen Werk.