Jungen auf ihren Rädern, in Pose, undurchdringliche Blicke, tiefe Traurigkeit und viel Stolz. Aufgenommen hat diese Bilder der in Chicago lebende Puerto Ricaner Carlos Rolon (aka Dzine), dem die Gestalten-Galerie mit »The Beautiful Struggle« neben einer Werkschau in Buchform begleitend auch eine Ausstellung widmet. Die Fotografien rahmen hier das zentrale Werk »Voodoo«, mehr noch, sie kommentieren es, betten es ein, blicken es an. Die Protagonisten der Bilder blicken herab auf ein von Gold und Glitter und Modeschmuck glitzerndes Rad, von vier ebenfalls golden-glänzenden Kreuzen eingerahmt, auf Blumen gebettet. Würdevollem Totenschmuck näher als der zunächst nahe liegenden Pimp-Ästhetik, wird diese Reminizenz an die sogenannten Szwaybar-Bikes, die sich Jugendliche auf der Insel Curacao (wo Dzine die Aufnahmen gemacht hat) als Motorrad-Ersatz zusammenschmieden. Sie sind für viele ihr einziges Fortbewegungsmittel, ihr Werzeug der Freiheit, ihr Ausdruck von Individualität und Unabhängigkeit; ein heiliger Gegenstand. Dzine materialisiert und offenbart mit seiner üppigen Variante »Voodoo« den wahren Wert dieses Gegenstands – die Ausstellung lässt durch die Gegenüberstellung mit den Bildern diesen zur Repräsentanz der Posen der Protagonisten werden. Er verleiht ihnen Würde, indem er sie diesem repräsentativen Gegenstand verleiht. Er destilliert ihre Sehnsüchte und gibt ihnen einen Wert, der selbst von denen, die sie hegen, so scheinen die Bilder zu sagen, noch bezweifelt wird. Er legt die Sehnsüchte frei und dechiffriert die Pose, indem er sie auf das Objekt transformiert – so lässt er die Protagonisten in ihrem ergreifenden Ausdruck unangetastet und bietet dem Betrachter lediglich seinen eigenen ausgeschmückten, aber dennoch behutsamen Kommentar an.
Natalie Bewernitz & Marek Goldowski – »Unveilled Presence (NYC)« in der Artothek Köln
Bericht