Regina Janssen, Sängerin und Texterin bei Donna Regina, findet zwar die These fragwürdig, dass in den letzten dreißig Jahren das Glücksempfinden bei Frauen nachgelassen habe (während es bei Männern angeblich konstant blieb). Dennoch spricht sie im Titelsong jene Geschlechtsgenossinnen an, die sie sich – bezüglich ihres äußeren Erscheinungsbilds – fortwährend unter Druck setzen. »You may go hungry all day/Until your bones can be seen/You may cover your skin/With the most precious cream/It will not change a thing«, lautet da die nüchterne Bilanz zu einem loop-haft eingesetzten Akustikgitarrenlauf und effektvollen Klavierakzenten. »Ich finde es erschreckend, wie schmerz- und opferbereit viele Frauen geworden sind, um der gesellschaftlichen Erwartung zu entsprechen, immer fit, frisch und jung zu sein«, meint Regina Janssen. Neben jenen vergeblichen Mühen gegen die sichtbaren Zeichen des Alterns werden auf dem Album auch detailliert einsame und rastlose Stimmungen beschrieben ohne dass die zehn Lieder dabei etwas Larmoyantes bekämen. Und dies, obwohl hier Günther Janssen (Donna Reginas Arrangeur, Produzent & Instrumentalist) eine textbetonende »Weniger-ist-mehr«-Ästhetik anwandte, wie man sie so konsequent derzeit nur bei Noël und den Kings Of Convenience vorfindet. Wird die Melancholie doch mal gestreift, so geschieht dies so lakonisch wie bei Nico oder Laurie Anderson, wenn etwa die hauptberufliche Stewardess Regina Janssen im Stück Tied To Your Ship in Seemännern Leidensgenossen erkennt. »You will always go on/You don’t want to stay/In one place for long/ Somehow I know your song«, singt sie zu einer schlichten Klaviermelodie, während eine leise wummernde Orgel und ein Metronom-Takt ankündigen, dass die Reise weitergeht. Im direkt anschließenden »Lost Sunday«, dessen piano-basierte Akkordfolgen wiederum an Brian Wilson denken lassen, kommt das selbst gewählte Nomadentum erneut zur Sprache: »Das Lied spiegelt einfach die Situation eines arbeitsfreien Sonntags in Tokio wider, dieses Gefühl: alle in dieser quirligen Stadt sind verabredet, nur ich hab keinen Plan«, erläutert Regina Janssen und ergänzt: »Oft genieße ich ja die Beobachterrolle, doch zuweilen ist das eben auch einsam. Vor allem sonntags. Da ist man außen vor und lebt in einer Parallelwelt.« In den Etappen, in denen Regina Janssen nicht auf Reisen ist, sieht sie in der »Fähigkeit, Freundschaften zu pflegen und neue zu knüpfen« die beste Strategie, »ein junges Herz zu bewahren«, um so jeden Tag kostbar zu machen. »Diamond of the day/You dance the blues away«, heißt es im aufmunternden Refrain des gleichnamigen Latin-Pop-Stücks, das auch gut zu Nouvelle Vague passen würde. Oder auch zu Tracey Thorn, welche auf ihrer jüngsten Solo-LP Love And Its Opposites die in der zweiten Lebenshälfte erlebten emotionalen Auf und Abs ähnlich offenherzig besingt. Regina Janssen kennt besagtes Album und schätzt die Everything-But-The-Girl-Hälfte als Sängerin, sieht aber in der Art des Textens Unterschiede: »Meine Lieder fußen zwar auch auf persönlichen Geschichten, doch ich versuche sie textlich offen zu halten, indem ich Erklärungen vermeide. Wenn es bei Tracey Thorn heißt: †ºMeine Güte, wer von unseren Freunden läßt sich als nächstes scheiden?†¹, ist mir das zu konkret.« Überzeugt! Und mit der pulsierenden Folktronic-Ballade »Until You Do« geben Donna Regina das beste Beispiel für ein unwiderstehliches Versöhnungsangebot, bei dem auch Nicht-Involvierte sofort andocken können!
Tolouse Low Trax – 10 Favourites
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