Dexter – »Es braucht diese Wärme«

25.09.2012
Foto:Thomas von Wittich
Für Die Bestesten hat Dexter den Track »Ein job für die Bestesten« produziert, der genau heute auf 7″ erscheinen wird. Wir trafen Dexter und sprachen mit dem Wahl-Kölner über die wichtigste Hauptsache der Welt: Musik

Dexter ist Everybody‘s Darling. Auf ihn können sich alle einigen, Chartrapper, Beatnerds und Journalisten. Zwischen staubigen Vinyls, Hitproduktionen und dem Alltag als Kinderarzt, bewegt er sich mit größtmöglicher Gelassenheit und Authentizität. Er ist bescheiden geblieben und macht einfach – nur keine Kompromisse.

Was ist die Kunst an einem guten Loop, den man stundenlang auf Schleife hören kann?
Dexter: Für mich ist wichtig, dass die Melodie in sich abgeschlossen ist, aber auch nicht zu offensichtlich. Auch kaum wahrnehmbare Geräusche im Hintergrund, die man abwechselnd nur jedes zweite oder dritte Mal wahrnimmt, sind gut. Das kann ganz minimalistisch sein, etwa ein Plattenknacken oder alle acht Takte eines Subbass-Ton, auf den du dich immer wieder freust. Im Endeffekt ist es Geschmackssache, aber komischerweise einigen sich viele dann doch immer auf einen Loop bzw. einen Beat, den sie besonders gut finden.

Störst du dich manchmal an Rappern auf guten Beats?
Dexter: Mich stören bei vielen Rappern eher die schlechten Beats. Viele Alben in meiner Jugend habe ich sprachlich und inhaltlich überhaupt nicht verstehen können, aber ich wurde durch die Soundkulisse und die Stimmen einfach in eine fremde, aufregende Welt hineinversetzt und das gibt es heute nicht mehr allzu oft. Heute hat vieles nur noch Schnellschusscharakter.

Welchen Genre-Film fährst du gerade und kommt dabei ein Album raus?
Dexter: Gedrungenermaßen bin ich aufgrund der anstehenden Psych Rock-Platte schon lange auf dem Psych-Film. Weil diese Musikrichtung so unglaublich groß ist, stehe ich manchmal stundenlang in Plattenläden und höre 20 Platten oder klicke mich durch tausende Blogs, bis ich eine Sache finde, die ich verwenden kann. Das geht ja dann auch wieder in so viele Richtungen, von Folk bis Sunshine-Pop. Das wird aber alles immer zusammengehalten durch Orgeln oder hohe Drum-Breaks oder hohe Stimmen und so. Und diese Sachen versuche ich raus zu filtern und daraus die Essenz zu gewinnen. Dabei will ich genau wie bei den »Jazz Files« nicht zeigen, dass ich besonders viel Ahnung habe, sondern ich will meine eigene Sichtweise auf Psychodelic-Rock deutlich machen.

»Wer die klassischen Sample-Beats erfunden hat, hat etwas Gutes erfunden. Neue Richtungen kommen und gehen, aber es geht doch immer wieder zu diesem Sound zurück.«

Dexter
Machst du Backups für den Fall, dass deine Technik versagt?
Dexter: Ja, ich produziere ja auf einem alten Windows-PC mit dem letzten Logic, dass es dafür noch gab. Ich speichere das dann rüber auf den Mac fürs Auflegen, also habe ich zu Hause sowieso alles gesichert. Aber meine restlichen Libraries kacken mir schon manchmal ab. Da bin ich aber auch nicht so hinterher. Das finde ich auch nicht so schlimm, weil ich auch immer noch Schallplatten kaufen gehe.

Gibt es eine bestimmte Richtung, in die sich die deutsche Beatmaker-Szene entwickelt?
Dexter: Ich merke zumindest bei mir, dass der klassische Sample-Sound immer wieder die Basis für alles ist. Auch die neueren Sachen von Ab-Soul oder die Beats von Wiz Khalifa sind ja eher so langsamere Sachen mit Samples, aber dazu halt mit 808-Drums. Ich lasse mich gerne inspirieren und probiere das auch alles aus. Wie etwa in der Nu Rave-Zeit. Ich habe einige Nu Rave-Tracks zu Hause, einfach nur, weil ich schauen wollte, wie das funktioniert. Aber es fehlte die Substanz zur Beständigkeit. Wer die klassischen Sample-Beats erfunden hat, hat etwas Gutes erfunden. Neue Richtungen kommen und gehen, aber es geht doch immer wieder zu diesem Sound zurück.

Wird deine Musik auch in Zukunft immer auf Samples basieren?
Dexter: Hmm, nee. Ich habe mir auch überlegt, wenn das Projekt jetzt abgeschlossen ist, will ich mal wieder ein bisschen etwas anderes probieren. Ich habe mir gerade so einen Mini-Moog-Voyager-Dings gekauft und spiele da auch ganz viel mit rum. Das hört sich ja wie gesampelt an, wenn du das einspielst. Außerdem versuche ich ja auch jetzt schon so immer wieder mal was einzuspielen. Es muss nur halt wie ein Sample klingen, es braucht diese Wärme. Ich sample dann oft nur deshalb noch ein Plattenknacken dazu. Das ist einfach die Ästhetik, auf die ich stehe.

Wie entsteht ein Album der Betty Ford Boys (Suff Daddy, Brenk Sinatra, Dexter)?
Dexter: Wir drei verstehen uns einfach so dermaßen gut. Jedes Treffen ist ein Fest. Deshalb wollten wir unbedingt was zusammen machen. Nur, zusammen zu arbeiten, ist einfach nicht möglich. Dadurch, dass Suff Daddy ja jetzt in Australien ist und Brenk in Wien auch nicht um die Ecke wohnt, läuft das ganz unromantisch über einen Dropbox-Ordner, wo jeder seine Beatskizzen hineinschiebt. Wenn einem dann etwas dazu einfällt, dann kann man da noch was dran machen, aber grundsätzlich, sind die einzelnen Handschriften auf jeden Fall zu erkennen. Wie bei den »Jazz Files« wird das dann mit Vocal-Samples verknüpft. Wie bei Betty Ford anzunehmen ist, wird es dabei wahrscheinlich viel um Alkohol gehen. (grinst)

Du machst nerdigen Beatkram auf Vinyl und lancierst gleichzeitig Beats auf Nr. 1-Alben. Siehst du dich selbst eher als Beatmaker oder als Produzent?
Dexter: Eher als HipHopper. (lacht)