By The Lake Festival – Offen gegenüber Neuem

31.08.2015
Foto:Thomas Jauk / © By The Lake Festival
In der Freilichtbühne Weißensee in Berlin fand zum ersten Mal das By The Lake Festival statt. Es wollte seinen Gästen einen schönen Tag bereiten, mit ungewöhnlicher und spannender Musik in einer unverbrauchten und zwanglosen Atmosphäre.

An einem herrlichen Sommersamstag fanden sich Klanginteressierte aller Altersgruppen in der Freilichtbühne Weißensee beim By The Lake Festival ein. Das internationale Flair der Künstler spiegelte sich auch in dem vielsprachigen Publikum wider und die hohe Dichte an Vollbärten und Hochsteckfrisuren verriet, dass die Kreativ- und Medienbranche gekommen war, um sich inspirieren zu lassen – was in Weißensee nicht allzu oft passiert.

Unter den Schatten spendenden Bäumen wurde das festivaluntypische und hochklassige Catering vom Michelberger Hotel genossen. Zwischen exquisitem Couscous-Salat und exotischen Eistees aus Flaschen wurden selbstgedrehte Zigaretten geraucht. Das man sich selbst auch Snacks und kleine Getränke mitbringen konnte, machte die lockere Picknick-Atmosphäre perfekt. Für die Gäste war die Veranstaltung wie ein nachmittäglicher Hangaround im Park, nur eben mit neuartiger Live-Musik zwischendrin.

Efterklang: Erst Radio, dann Festival
Der Ausgangspunkt dieses Festivals ist »The Lake«, eine Radiostation, welche von den Mitgliedern der dänischen band „Efterklang“: ins Leben gerufen wurde. Efterklang waren auch die Kuratoren des By The Lake Festivals. Der Sender mit Sitz in Kopenhagen und Berlin, der ausschließlich übers Internet sendet, widmet sich der Experimentalmusik und, wenn man so will, der angewandten Klangforschung. Es ist ein Sender, auf den man sich einlassen muss und den man aufgrund seiner Fremdartigkeit meistens noch nicht einmal nebenbei hören kann.

Und die Live-Acts hielten, was die Musik vom »The Lake«-Radio versprach. Den Reigen eröffnete die Band Liima, die aus Efterklang selbst und dem finnischen Drummer Tatu Rönkkö besteht. Mit ihren sphärischen Synthiies, dem hüpfenden Drumpad von Tatu Rönköö sowie Bassgitarre und effektiertem Gesang gaben die Veranstalter höchstselbst hier einen träumerisch treibenden und elektrisch jazzigen Auftakt ab, der dem Publikum erste Zugabe-Rufe entlockte. Die Mitglieder der Band waren auch maßgeblich daran beteiligt, dass der Rest des Festivals so eine gelöste und unverkrampfte Atmosphäre hatte, egal ob Bassist Rasmus mit kleinem Kind auf dem Arm die nächste Band ansagte oder Sänger Casper bei jedem Act in der ersten Reihe tanzte.

Krude und frickelige Soundbrocken
Als zweites zelebrierte der Künstler und Musiker Lonnie Holley, der erst mit 62 Jahren sein Debütalbum veröffentlicht hat, seine ruppige und flehende Version des Alabama-Blues. Mit Drums, Cello und Keyboard versuchten der Sänger und seine beiden Begleitmusiker den bestehenden Konventionen in Sachen Rhythmik und Tonalität so freigeistig wie möglich zu trotzen, inklusive kleiner Mal-Einlagen Holleys an einer extra aufgestellten Leinwand.

Für die Gäste war die Veranstaltung wie ein nachmittäglicher Hangaround im Park, nur eben mit neuartiger Live-Musik zwischendrin.

In den Umbaupausen sorgten die Betreiber des »The Lake« Radios für die Beschallung der Ränge. Auf dem ganzen Gelände standen und hingen Radios herum, die in jeder Pause von den Besuchern an und zum Ende hin wieder ausgeschaltet wurden. Am provisorischen Sendetisch waren diverse Produzenten und DJs zu Gast, die krude Songs oder frickelige Soundbrocken vorstellten und fachmännisch erklärten.

Regenbogentanz mit Omar Souleyman
Ein erster kleiner Höhepunkt war dann der dritte Act, der vom Publikum lange beklatscht wurde. Bei Burnt Friedman an der Elektronik und Jaki Liebezeit von Can an den Drums kamen die Fans des geraden, aber schrägen Rhythmus in den Genuss des intuitiven Zusammenspiels dieser zwei Veteranen und es wurde zum ersten Mal ausgiebig vor der Bühne getanzt.

Dem setzte der syrische Sänger Omar Souleyman dann noch Einen oben drauf. Er konnte mit seinem orientalischen Dance vom Band das erste Mal einen ekstatischen Mob vor sich versammeln, inklusive Kreistanz. Aber eigentlich müsste man ihn „MC Omar“ nennen, denn sein Gesang war eher ein reduziertes, anheizendes Shouting, mit langgezogenen Ahhhs und Yeeeahs, die an in erster Linie an einen Rummelansager erinnerten. Und Omars Hauptaufgabe schien auch eher darin zu bestehen, über die stampfenden Beats dem Publikum im 4/4-Takt vor zu klatschen, was dieses jedoch mit größtem Amüsement nachmachte. Der Höhepunkt des Auftritts war ein Selfie-Pulk mit »MC Omar« sowie ein orientalischer Gruppentanz auf der Bühne. So geht Völkerverständigung durch Musik. Dass dem Auftritt ein Regenbogen am wolkenfreien Himmel folgte, soll hier nur eine Randnotiz bleiben.

Mit Wildbird & Peacedrum in die hereinbrechende Nacht
Zum Abschluss betraten die Wildbirds & Peacedrums die Bühne. Im Zwielicht der hereinbrechenden Nacht sorgte das schwedische Duo und Ehepaar für einen künstlerisch wahnsinnig starken Ausklang. Die Mischung aus schlagkräftiger Finesse mit Andreas Werliin an den Drums und jazzig leidenschaftlichem Gesang von Mariam Wallentin war in höchstem Maße faszinierend, weil sperrig und spartanisch gleichermaßen.

Am Ende ließ sich sagen, dass das By The Lake Festival bei allen Beteiligten als voller Erfolg gewertet wurde. Es ist ein Festival, bei dem die Lust auf musikalisch Neues nicht nur fakultativ ist, sondern absolute Grundvoraussetzung. Es ist aber ebenso ein Happening in einer sehr entspannten Atmosphäre, wo Familien mit herum tollenden Kindern auf Szenemenschen treffen und alle