Wer in Berlin ausgeht, kennt Boris Dolinski. Aufgewachsen im Neukölln der 1960er- und 1970er-Jahre, prägt der DJ unter dem simplen Alias Boris die hiesige Clubkultur seit über drei Dekaden. Das Rüstzeug dafür holte er sich aber nicht nur in der deutschen Hauptstadt, sondern auch in einem New York, das noch bezahlbar war und eine der legendärsten Clubkultur-Legenden zu bieten hatte: Drei Jahre lang lauschte Boris fast jedes Wochenende in der Paradise Garage Larry Levan, der mit seinen Sets neue Plateaus des Hedonismus erklomm.
Kurz nach dem Fall der Mauer kehrte Dolinski nach Berlin zurück, wo er seine in den USA angehäufte stattliche Sammlung von House- und Disco-Platten zu ersten Versuchen als DJ nutzte. Zunächst in verschiedenen Schöneberger Bars, nach bestandener Bewährungsprobe dann im Kreuzberger Club SO36. Im New York der 1980er-Jahre erlebt Dolinski hautnah mit, wie Clubmusik zu einem eigenen Genre wird und die Charthits nach und nach von den Tanzflächen verschwinden – zumindest von denen, die er besucht. Diese Entwicklung hat er auch in Berlin maßgeblich mit vorangetrieben. Nicht nur als DJ, sondern auch durch seine Arbeit für Mark Ernestus’ Plattenladen Hard Wax.
In einem Atemzug mit dem Berghain
Die im postsozialistischen Berlin der 1990er-Jahre entstehende Ausgehkultur mit ihren Clubs ist Dolinski dagegen fremd. Bis 1998 das Ostgut aus der Taufe gehoben wird. Im Vorgänger des Berghain legt er zum ersten Mal auf der bis heute existierenden Gay-Party Snax auf, später bespielt er regelmäßig die 2001 eröffnete Panorama Bar, einen Floor, der sich als Gegenpol zum damals dominierenden harten Techno versteht.
Und heute? Boris ist definitiv einer jener Künstlernamen, die in einem Atemzug mit dem 2004 eröffneten Berghain genannt werden, er ist mit dem Club groß geworden und steht als Synonym für ihn. Längst spielt der 62-Jährige seine Musik nicht mehr nur in Berlin, sondern trägt sie auf internationalen Tourneen und im Rahmen von Residencies mit steter Regelmäßigkeit in die Welt. Der Weg am 22. August 2024 war nicht ganz so weit. Er führte ihn zu uns in den HHV Store nach Berlin-Friedrichshain, wo er ein zweistündiges DJ-Set für uns spielte.