Blueprint – Wie ausgewechselt

06.04.2011
Foto:Skye Rossi Rhymesayers Entertainment
Blueprint’s erstes Soloalbum binnen 6 Jahren zeichnet den Weg des Freestyle-Champions zum ernstzunehmenden Storyteller nach. Und auch musikalisch ist einiges anders auf __Adventures in Counter-Culture__.

Blueprint ist seit seinen Anfängen im Jahr 1999 nicht nur für enorme Freestyle-Fähigkeiten als MC bekannt, sondern auch für seine vielseitigen Produktionen. Doch was er uns jetzt, nach sechs Jahren »Pause«, auf den Tisch legt, ist selbst für ein Mastermind wie ihn gewagt. Adventures in Counter-Culture – neben den Veröffentlichungen mit Soul Position und einigen EPs sein erst zweites offizielles Soloalbum – geht nicht gerade zimperlich mit den Hörgewohnheiten seiner Fans um. Die Frage kommt auf: Wo ist der alte Blueprint mit seinen klassischen Spätachtziger-Beats und der hohen Stimme?
Nun, der ist noch irgendwo, nur eben schwerer zu finden. Denn in den sechs mehr oder weniger stillen Jahren ist einiges passiert. »Ich habe in den letzten Jahren immer mal wieder kleinere EPs herausgebracht«, erzählt Albert Shepard im Interview, »aber eigentlich habe ich daran gearbeitet, den Style meiner aktuellen Musik zu verfeinern und zu perfektionieren«. Herausgekommen ist dabei eine reichlich bunte Mischung aus unzähligen Genres mit einem kräftigen Elektro-Einschlag. »Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, mehr über das Komponieren von Musik zu lernen, mit neuen Stilen zu experimentieren, Keyboard zu spielen und Melodien und Songs zu schreiben.« Das Beschreiten dieses langjährigen, musikalischen Selbstfindungsweges hat Blueprint letztendlich dazu gebracht, seine wartenden Fans mit etwas zu überraschen, das nicht unbedingt zu erwarten war. Denn möchte man ein Charakteristikum von Adventures in Counter-Culture hervorheben, so ist es die gewaltige Elektropräsenz auf der Produktionsebene. Hier scheppern einem die Synthesizer und Keyboards von der ersten Minute an um die Ohren. »Ich habe mich immer für elektronische Musik interessiert. Aber nachdem ich 2006 mit dem Experimentieren angefangen habe, habe ich gemerkt, wie viel Potenzial da eigentlich für den HipHop drinsteckt. Also bin ich etwas in der Zeit zurück gereist und habe mich mit Pionieren wie Kraftwerk oder auch Daft Punk auseinandergesetzt.«

»»Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, mehr über das Komponieren von Musik zu lernen, mit neuen Stilen zu experimentieren, Keyboard zu spielen und Melodien und Songs zu schreiben.«

Blueprint
Seriöser, kritisch, gereift
Das Album als reines Elektrovehikel zu bezeichnen, würde Adventures in Counter-Culture allerdings auch nicht gerecht werden. Denn abgesehen davon steckt in der Scheibe noch eine ganze Menge mehr. »Es ist insgesamt eine sehr vielseitige Platte und ich denke, sie fasst zusammen, wofür ch musikalische Vorlieben habe. Elektronische Musik ist da nur ein Aspekt.« Dass HipHop auf einer Blueprint-Platte zu kurz kommt, darum braucht man sich jedenfalls keine Sorgen zu machen und auch Einflüsse aus anderen Genres wie Rock finden ihren Weg ins Beatwerk. Inhaltlich und lyrisch beweist Blueprint wieder einmal allerfeinste Qualitäten. Er nimmt sich seiner Themen mit zynischer Scharfzüngigkeit und genauer Beobachtungsgabe an. Seine Message: »Hinterfrage, was du zu wissen glaubst oder was andere dir weismachen wollen. Und hinterfrage auch, was Leute dir darüber erzählen wollen, wie sich HipHop anzuhören habe. Auf Adventures geht es nicht nur um Gesellschaft und Politik, sondern auch um dein eigenes Verhalten und darum, du selbst zu sein.« Der gereifte Blueprint ist seriöser, kritischer und macht trotzdem Spaß. Und ohne seine bisherigen Werke abwerten zu wollen, Adventures in Counter-Culture zeigt einen gereiften Künstler, der sich vom Freestyle-Champion zu einem ernstzunehmenden Storyteller und Gesellschaftskritiker entwickelt hat. »Das Album ist im Grunde die Zusammenfassung allen Wissens, das ich mir je über Musik angeeignet habe und es hat im Schaffensprozess eine Menge Grenzen überschritten.« Und trotz der Fortschritte ist der alte Blueprint nie wirklich verschwunden. Wenn man genau hinhört, ist er immer noch da.