Aphroe – Dem Kolorit der Neunziger nachspüren

13.04.2012
Foto:Robert Winter Melting Pot Music
Inspiriert von Elzhis Husarenstreich »Elmatic« im letzten Jahr, ließ Aphroe die Arbeit an seinem ersten Soloalbum ruhen und ging der Idee nach, seine liebsten Tracks aus dem »Goldenen Zeitalter« des Hip Hop neu zu interpretieren.

»Als ich ›Elmatic‹ im letzten Jahr hörte, dachte ich mir, Junge ist das geil! Da schafft es jemand DEN HipHop-Klassiker, gut 20 Jahre später noch einmal so schmackhaft zu machen, mit Querverweisen zum Original und dennoch mit persönlicher Note. Das wollte ich auch ausprobieren«, erklärt der Wahl-Kölner Aphroe die Idee zu seinem Release »90«, zehn seiner Alltime-Rap-Classics ins Deutsche zu übertragen und dabei den Original-Stücken in Phonetik, Delivery und Flow zu entsprechen. »Zwischen Jungle Brothers, Rakim und CL Smooth liegen Welten, doch deren Alben haben mich alle bewegt, berührt und verändert. Eine ganze Dekade kann man nicht in zehn Songs packen, aber diese unterschiedlichen Facetten wollte ich ganz einfach aufzeigen«, fügt er hinzu Beweggründe an. Während Elzhi mit der Kombo Will Sessions die Stücke komplett neu einspielte, nahm Aphroe von dieser Herangehensweise Abstand. Durch seinen Umzug von Bochum nach Köln ist die Abstimmung mit der ihm nahe stehenden Liveband The Tailor Mades doch etwas schwieriger geworden. »Mein Arbeitsrhythmus ist bekanntermaßen nicht der schnellste und wenn ich jetzt mit Band rangegangen wäre, hätte es noch länger gedauert.« Neben alten Weggefährten wie Mr. Wiz, DJ Stylewarz oder Mirko Machine geht ein Großteil der Beats auf das Konto von PH7, den Aphroe vor mehreren Jahren bei den Stieber Twins in Heidelberg kennenlernte. Dass überraschenderweise kein MPM-Labelmate an »90« beteiligt ist, ist schlicht und einfach der guten Chemie zwischen MC und Hauptproduzenten geschuldet. »Wir waren wieder bei Martin Stieber und da ist die Idee im Prinzip geboren. PH7 war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, er ist ein guter Dude, fähig und schnell. Wir haben uns gegenseitig angespornt und so waren am ersten Wochenende schon drei Songs im Kasten.« Beflügelt von der breiten Zustimmung enger Vertrauter und dem immensen Spaß beim Erstellen der Remakes, nahm die Idee rasch konkretere Formen an. »Das ganze hat so viel Laune gemacht, dass ich die Texte viel schneller runter schreiben konnte. Klar ist man zwangsreimgebunden, aber ich war irgendwie schneller zufrieden.« Einziger Wermutstropfen: fast zeitgleich kamen die beiden Österreicher Flip und Average auf die ähnliche Idee, US-Rap-Klassiker ins Deutsche zu übertragen. Dabei hatte Aphroe mehr als die Hälfte des Albums fertig als er die Videos der beiden Ösis sah. »Ich war zunächst geknickt, weil ich dachte: ›Warste doch nicht schnell genug mit der Idee.‹ Dann wurde jedoch schnell klar, dass sich die Herangehensweise der Jungs von unserer unterschied und sie andere Tracks auswählten. Mit Flip konnte ich auch darüber sprechen und am Ende ist alles cool!«

»Momentan kommen die MCs aus meiner Generation zurück und geben ihre Beiträge ab. Klar, die Zukunft gehört den Jungen, aber man muss denen auf jeden Fall auch noch einmal zeigen, wo der Hase lang läuft!«

Aphroe
Wäre ein solches Projekt vor zehn Jahren aufgrund des Respekts und der zeitlichen Nähe zu den auserwählten Meisterstücken noch undenkbar gewesen, so scheint die Gegenwart bereit für »90«. Künstler wie Hiob oder Dilemma haben mit ihren traditionalistischen Soundentwürfen zum einen eine eigene Nische geschaffen und zum anderen ist Aphroe gespannt auf die Reaktionen der jüngsten Rap-Hörerschaft, die zu Zeiten von »Illmatic« oder »The Low End Theory« noch im Sandkasten buddelte. Als Ewiggestriger will man sich jedoch nicht verstanden fühlen, es sei ganz einfach ein Extraprojekt, das man der alten Zeit und den eigenen Anfangstagen in der hiesigen HipHop-Szene schulde. Auf dem eigentlichen Album soll das Kolorit der Neunziger dann auch wieder abgestreift werden. Apropos, wie steht es nun eigentlich um das »Kavaliersdelikt«? »Aktuell bin ich einfach froh wieder dabei zu sein und Releases am Start zu haben, ganz gleich ob Songs oder Alben. Das Album ist definitiv in der Mache, wird aber noch eine Weile dauern. Zuviel möchte ich nicht verraten, meine MPM-Kollegen werden Beats beisteuern und in Heidelberg war ich ja auch nicht einfach so. Momentan kommen die MCs aus meiner Generation zurück und geben ihre Beiträge ab. Klar, die Zukunft gehört den Jungen, aber man muss denen auf jeden Fall auch noch einmal zeigen, wo der Hase lang läuft!«