Anika zählt nicht zu der Riege der Singer Songwriter. In England aufgewachsen studierte sie Journalismus und wurde Auslandskorrespondentin in Berlin. Nebenbei arbeitete sie in der Musikindustrie als Promoter um schlussendlich als Managerin ihres eignen Labels das Geschäft kennenzulernen. Desillusionierung folgte und das Resultat war ein realistischer Blick auf die Dinge in der Welt und die Industrie. Ihre Bedenken spricht sie in ihren Songs an, die sie schreibt um mit ihrer Stimme Gehör zu finden. Zu ihren Helfern zählt niemand geringeres als Portishead Mitglied Goeff Barrow. Eine Kampfansage an die heutige Konformität.
Was spürst du wenn du Musik schreibst?
Ursprünglich wenn ich Musik schrieb, war es meine Art Druck abzulassen. Ich denke, das machen die meisten Musiker wenn sie schreiben. Ich finde es ist eine sehr angenehme Art, eine Art loszulassen wenn ich live auftrete. Die Leute denken oft, dass ich verrückt bin, aber ich bin komplett nüchtern – ich rühre nichts an bevor ich auf die Bühne gehe. Es bin einfach nur ich – ich kann mich hinflüchten wohin ich möchte.
Wenn du dich zu Hause hinsetzt, nachdem du einen Track beendet hast – fühlst du dich erleichtert?
Auf eine gewisse Weise – ich mag Wortspiele. Ich bin in erster Linie ein Schreiber, ein Politikjournalist. Ich habe viele neue Songs geschrieben, die wir momentan für das zweite Album aufnehmen. Das erste war natürlich überwiegend von Coverversionen geprägt. Neben ein paar Originalen. Es gibt verschiedene Gründe warum wir das gemacht haben; es ist eine recht lange Geschichte. Momentan schreiben wir neue Sachen. Es ist ein Wortspiel; es geht um aktuelle Probleme die jeden betreffen. Es ist jedoch nicht offensichtlich, man muss sich die Worte ansehen um zu verstehen was gemeint ist. Es ist recht geheimnisvoll.
Du versuchst es also in einen Code zu packen?
Es ist fast wie ein Insider-Witz mit mir selbst, ich kann auf der Bühne lachen und keiner weiß was ich mache. Das ist gut.
Arbeitest du noch als Journalistin?
Gar nicht mehr. Ich war das letzte Jahr auf Tour. Ich musste meinen Job einfach aufgeben – ich war die britische Korrespondentin. Das lässt sich nicht miteinander vereinbaren wenn man auf Tour ist. Momentan komme ich lediglich einmal die Woche ins Internet. Ich würde aber zurückkehren. Was ich jetzt gerade mache ist ein total legitimer Weg meiner Stimme Gehör zu verleihen. Ich habe einige Jahre in der Musikindustrie gearbeitet. Ich hatte viele Probleme damit – es ist wie eine Hassliebe. Es ist wirklich erfrischend ein Musiker zu sein und Sachen anzusprechen, die mich wirklich gestört haben. Für mich ist es eine politische Plattform, hier kann ich Leute verstören. Ich kann in Frage stellen was Leute als normal betrachten – was gut ist.
Du begreifst dich selbst als Kritikerin.
Nicht so sehr eine kritische Person, ich mag es einfach, die Dinge, die gerade passieren, in Frage zu stellen. Es gibt so viele Leute, die bereit sind Dinge zu ertragen nur weil es jeder andere auch tut. Vor allem in England – dort ist es schlimmer als irgendwo anders. Wenn es zum Beispiel eine Schlange auf der Straße gibt werden sich die Leute dort anstellen – einfach nur weil sie da ist. Die wissen nicht mal wofür. So funktioniert das dort. Ich hatte das Glück auf einer Uni zu studieren, wo man mich lehrte alles zu hinterfragen was in den Zeitungen geschrieben wird. Es hat mich zu einer bewussten Journalistin gemacht und einer bewussten Person. Ich habe schon von Kindheit an alles hinterfragt. Ich glaube, das ist wichtig. Deshalb haben wir das Album gemacht, und es ist unangenehm und viele Leute hassen es – das ist gut so, weil es ist nicht was sie als perfekte Musik erachten. Wenn jeder dächte, dass es großartig ist, worum geht’s dann? Dann wäre ich ein Mitläufer und kein Aufreger.
Also würdest du dich eher für Misserfolg entscheiden als deine Ideale zu verraten?
Ja, ich wollte nie unbedingt eine Sängerin werden. Ich wollte nur gehört werden. Ich wollte nicht auf X-Factor sein und reich und berühmt. Es ist alles falsches Geld – meistens. Sie zeigen dir die Autos, sie bringen dich ins Hotel und dann lässt dich das Label fallen und du bist wieder bei Tesco in England. Weil ich als Manager in der Industrie gearbeitet habe – ich hatte ein Label in Cardiff – habe ich eine realistische Sicht auf die Dinge. Das Label, auf dem ich bin, überlässt mir die meisten Sachen. Wir führen eine sehr gute Beziehung.
Das ist der Grund warum dir Stones Throw gefiel?
Ja, deswegen sind wir bei Stones Throw. In England und in Europa bin ich auf Invada, das ist Geoff Barrow’s Label, er ist der Portishead-Typ, mit dem ich zusammen das Album geschrieben habe. Als wir darüber nachdachten, mit wem wir in Amerika arbeiten sollten, gab es einige Optionen. Ich kannte Stones Throw von früher, als ich jung war, durch meinen Bruder. Er war ein Stones Throw Fan, und ich habe damit auflegen gelernt. Ich wusste, dass ich mit ihnen mehr Autonomie haben würde. Sie haben eine Reputation dafür Musik herauszubringen die nicht unbedingt Mainstream ist. Das war Hip Hop. Die Leute sind verwirrt warum ich auf einem Hip Hop Label bin. Es ist ein Label, das Musik fördert, die ein wenig anders ist. Was wir machen ist ein Grassroots Movement für uns. Ich mache das nicht für Berühmtheit, Erfolg oder Geld. Es war eine natürliche Entscheidung mit Stones Throw zu gehen.