Manchmal nippt sie an ihrem Weißwein. Aber am Ende der Show ist das Glas noch halb voll. Zurückhaltung ist der Name des Spiels, an diesem Abend im Wedding, wo Ana Roxanne auftritt, ohne selbst so richtig in Erscheinung zu treten. Der Saal des Silent Green ist ganz dunkel, drei gedämpfte Scheinwerfer werfen lediglich ein diesiges Licht auf die US-Amerikanerin.
Ohne Band begleitet sich Roxanne selbst mit Gitarre und Synths. Dabei kommt ihr zwischen den Songs manchmal ein scheues »Thank You« über die Lippen – nur einmal erzählt sie ein bisschen: Wie sehr es sie freue, dass sie zwei Jahre nach dem Erscheinen ihrer LP »Because of a Flower« ein ausverkauftes Konzert spielen könne. Das Album der ausgebildeten Musikerin folgte auf ihr selbstveröffentlichts Debüt »~~~«: Ambient und Dream-Pop mit Einflüssen von spiritueller, christlicher Chormusik, mit der sie aufwuchs, sowie Hindustani-Klängen, die sie auf einer Indienreise kennenlernte.
Diese Songs brauchen keine pompöse Inszenierung. Es passt, dass Ana Roxanne selbst fast hinter dem Dunst des matten Lichts, der flächigen Synths und ihrer langgezogen gehauchten Vocals verschwindet. So entfaltet sich ihr Ambient-Pop für sich selbst, legt sich wie eine warme Decke über den Raum, rückt die Außenwelt hinter einen Nebel und schafft Einkehr. Gekonnt verstärkt das Mixing der Musik diesen Effekt von Abwesenheit und Präsenz: Der Sound nimmt zwar den Raum ein, gleichzeitig aber behält er seine Dezenz und Feinheit, so dass man jedes Geräusch wahrnimmt – jedes Räuspern und Rascheln der anderen Gäste. Wenn es denn eines gibt. Denn das Publikum ist spürbar gebannt, existiert die meiste Zeit in Stille, versunken in Roxannes meditativer Klangwelt.
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Nur nach ungefähr einem Drittel des Konzerts ein kurzer Moment von Bewegung, ein kurzes Zwischenerwachen. Wie beim Domino setzen sich zuerst die ersten Reihen und schnell fast alle weiteren Gäste auf den Boden. Es ist, als könne die Wahl-New-Yorkerin mit ihren meditativen Songs hypnotische Reaktionen auslösen. Nach knackigen 45 Minuten huscht Roxanne schnell von der Bühne. Auch für eine Zugabe kommt sie nicht zurück. Ein schöner Schleier bleibt. Noch für eine ganze Weile, draußen, wo alles wieder zum Aufwachen auffordert.