
Immer wieder schön: Drogen. Muss man nicht mal zwingend nehmen, kann man auch einfach auflegen und sich daran berauschen oder was auch immer. Jedenfalls, The 13th Floor Elevators. Eine Band aus dem Marlboro-Cowboy-Land. Und eine, die ganz gut dabei war in der allerbesten Musikerzeit, bei denen allein das Gitarrensolo zweieinhalb Wochen dauern durfte. Das ist natürlich eine Weile her. Heute greifen sich alle nur noch nervös an die Nase. Na ja, Houston. Vielleicht haben wir ja doch ein Problem.
Christoph Benkeser
»Trouser Tricks« wäre das Debütalbum der Punkband Ack Ack gewesen – wenn es denn jemals veröffentlicht worden wäre. Als die fünf Londoner es 1980 in einem kleinen Studio in Fulham einspielten, hatten sie sich mit energiegeladenen Live-Auftritten bereits einen Ruf in der lokalen Punkszene erspielt. Ihre Musik spiegelte Elemente von allem wider, was damals angesagt war: Punk, New Wave, Ska, ein bisschen Reggae, ein Hauch von Northern Soul. Doch am Ende fehlten Geld, Mut, Glück. Nun, 45 Jahre später, erscheint »Trouser Tricks« bei italienische Label Radiation Reissues erstmals auf Vinyl.
Sebastian Hinz
Bevor man vergisst, wie gut Bloc Party schon lange vor ihrem Debütalbum waren, hört man sich am besten noch einmal ihre ersten EPs an und fragt sich, wie es passieren konnte, dass Hits wie das auf Konzerten jahrelang geforderte »Skeleton« oder das scharfzüngige »Storm & Stress« ihr Dasein als B-Seiten fristen mussten. Die jetzt neu aufgelegte 10" »Little Thoughts EP« ist eine musikalische Momentaufnahme aus einer Zeit, in der dieser hochtalentierten Band die ganze Welt offenstand.
Christopher Hunold
Hass und Nihilismus in Musik gepresst: Als die US-Band Cop Shoot Cop vor 35 Jahren ihr Debüt »Consumer Revolt« veröffentlichten, erinnerten die Stücke an den Noise Rock und No Wave aus New York. Keine Gitarren, dafür zwei Bassgitarren. Mehr Parole als Gesang. Mehr Klanginstallation als Songsammlung. Die Hörgewohnheiten mögen sich heute geändert haben, doch »Consumer Revolt« sticht in seiner Konsequenz weiterhin aus dem Genre heraus. Ein dunkler Monolith, der auf jede Seele abfärbt
Björn Bischoff
Zuverlässig erscheint auch zum Record Store Day 2025 eine Creation Rebel-Reissue. Und es ist ein Banger: »Independent Man/Creation Rebel« erhält die erste Neuauflage überhaupt. Ursprünglich erschien es 1982 auf dem großen On-U Sound und wurde produziert vom nicht minder großen Label-Gründer Adrian Sherwood. Wie immer bei Creation Rebel ist der Dub-Anteil hoch, aber es herrscht hier doch ein sehr, sehr klassischer Roots-Reggae-Angang vor. Nicht selbstverständlich bei der Band, die gerne und oft experimentiert hat. Wie zur Bestätigung klingt am Ende von »Independent Man« sogar Dennis Browns Monsterhit »Easy Take It Easy« an.
Pippo Kuhzart
Zum ersten Mal wieder auf Vinyl seit geschlagenen 30 Jahren: »Fire In The Sky«, das Album, mit dem die US-Amerikaner Half Japanese den Sprung wagten; von Lo-Fi-Verplantheiten hin zu formvollendeter Rock-Musik. Die übrigens, und das macht sie ja so gut, eigentlich viel mehr nach britischem Punk klingt als nach US Alt-Rock, worunter die Band gemeinhin eingeordnet wird. Vom Vibe ist »Fire In The Sky« eigentlich total The Fall –– nur in Vans statt in Lederschuhen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sind diese Songs bereits der Soundtrack in Skate-Videos, aber das müssen andere bestätigen.
Pippo Kuhzart
Islandman, das inzwischen zum Trio gewachsene Projekt des türkischen Musikers Tolga Böyük, veröffentlicht erstmals die 2022 nur digital erschienene EP »Bahar« auf Vinyl – und erweitert sie. Neben den vier Tracks des Originals, das über drei Millionen Mal gestreamt wurde, enthält die Edition drei bislang unveröffentlichte Vinyl-Tracks: eine Neuinterpretation von Cem Karacas 1984er Stück »Yorgunum Kaptan«, einen Remix von »Nara Nara Nara« der mongolischen Fusion-Band NaraBara sowie den 2018er Hey! Douglas Extended Remix von »Future Days«.
Sebastian Hinz
Bevor Afrobeat nicht zuletzt außerhalb Afrikas zum »signature sound« des Kontinents wurde, beherrschte Highlife die Clubs Westafrikas. Mit »Kyenkyen Bi Adi M'awu«, dem ersten Song dieses Albums, schuf K. Frimpong einen der bekanntesten Songs des Genres, dem er zugleich neue Impulse gab: funky, rhythmisch komplex, mit Einflüssen aus Reggae kongolesischer Rumba. Eine Sternstunde ghanaischer Musik.
Andreas Schnell
Verträumt, im Delirium, im Nebel. So klingt »Venom’s In« von Panda Bear. Man hört loopende, seichte Percussion gemeinsam mit Synthies, während die Noah Lennox singend zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit oszilliert. Und doch da ein Licht am Ende des Tunnels, geleitet von seiner klaren Stimme, bekannt aus der Psychadelic-Popband „Animal Collective”, gegründet 1999 in Baltimore. Lennox’ Soloprojekt Panda Bear bewegt sich zwischen Ambient, Folk und elektronischer Musik. Der Multiinstrumentalist hat »Venom’s In« als Kombi mit einer Interpretation des Songs des US-Rockmusikers Cass McCombs auf Platte veröffentlicht. Eigentlich schrieb er ihn nämlich für sein Idol, als Geschenk.

»Equilibria«, was brasilianischer Dialekt ist für sehr gute Musik, hebt nachweislich den Vitaminhaushalt. Sofern man ein bisschen Sonne mag im Gesicht und dieses Gefühl, wenn man die ganze Nacht draußen sein kann, im T-Shirt oder ohne. Dafür müssen wir zum Glück bald nicht mehr in den Süden fliegen. Demnächst kann man das ganze Amazonassuperfood auch in der Uckermark ernten. Damals, 2005, war das noch anders. Wie, das erzählt Sabrina Malheiros, die Tochter des Bassisten von Azimuth (am besten immer dazu sagen) auf dieser sehr schönen Platte.
Christoph Benkeser
Selbst bei nur zwei Alben im Werk kann die Kulturgeschichte eine Platte (fast) vergessen: Denn die US-Band Slint hat schon vor dem legendären »Spiderland« Musik veröffentlicht – nämlich »Tweez«, das bereits 1989 erschien. Nicht weniger bizarr, roh und herausfordernd wie sein Nachfolger. Vor einem Jahr bekam die Platte durch Bassist Ethan Buckler einen neuen Mix und eine veränderte Tracklist verpasst. Die Vorgabe für Slints Debüt blieb jedoch: Hirn durch die Ohren in knapp dreißig Minuten massieren. Nicht vergessen.
Björn Bischoff
Bei ihrem ersten Auftritt in Europa sorgt eine der besten Besetzungen des Sun Ra Arkestra im August 1970 im Kunstmuseum Fondation Maeght in Südfrankreich für höchste Verwirrung beim Publikum. Der Bandleader am Moog-Synthesizer und der Orgel – mit u.a. den Saxofonisten Marshall Allen und John Gilmore – springt frei herum zwischen Space Jazz, Avantgarde, Gospel, perkussiven Exkursionen und purer Kakophonie. Die 6-LP-Box enthält die beiden gesamten Auftritte mit 47 Tracks sowie ein 24-seitiges Booklet
Albert Koch