Review

Bohren & Der Club Of Gore

Sunset Mission

Pias • 2016

Den Aussagen von Künstlern über ihre Musik ist meist mit Vorsicht zu begegnen. Häufig steht Selbstmystifizierung im Vordergrund. Anders bei der Gruppe Bohren & der Club of Gore So befand einst Morten Gass (u. A. Orgel & Rhodes) selbst: »Other Bands play, Bohren bore.« Die Band um Gass, Christoph Clöser (auch bekannt von The Nest) und Robin Rodenberg ist bekannt für ihre feinen jazzig-atmosphärischen Songs voller Ruhe und Getragenheit – aka Boredom also Langeweile. Auf ›Sunset Mission‹ von 2001 war man noch Quartett und nicht Trio. Thorsten Benning, der die Gruppe erst letztes Jahr verließ, hört man hier noch am Schlagzeug. Doch ob zu Dritt oder zu viert, Bohren & der Club of Gore lassen einen warten; auch da wo manch anderer hetzt. Der derzeit wieder häufiger genutzte Begriff Ambient-Music drängt sich zur Bewertung der neun Songs fast auf. Doch muss man da vorsichtig sein: Nicht alles, was ein Ambiente darstellt, ist gleich Ambient. Die Großmeister der Richtung wie John Cage, oder dann Brian Eno, versuchten schon immer mehr hervorzuheben, was zwischen den Tönen liegt. Die Pausen (und das, was man dann hört) als mindestens gleichberechtigte Partner ins Spiel zu bringen. Und bei Bohren geht es um Pausen, um Schläge und Flächen. Solche, die wirklich gespielt sind – und eben jene ungespielten. Auf »Sunset Mission« schaffte es die Band wohltemperiert Musik bis an den Rand des totalen Stillstands zu bringen. Das gelang im weiteren Werk immer noch sehr gut. Doch diese Reissue zeigt glücklicherweise nochmal auf, wo das am Anfang gedroppte Statement seine Begründung her haben könnte. Das Meisterwerk aus dem Jahre 2000 konzentriert alles, wofür Bohren & der Club of Gore steht. Das Ergebnis ist ein dichter Noir-Nebel mit lichten Stellen; ein Gang durch eine verlassene Innenstadt bei Nacht.