Review World Music

Various Artists

Venezuela 70

Soul Jazz Records • 2016

Dies ist mal echte Pionierarbeit aus dem Hause Soul Jazz Bei südamerikanischer Musik denkt man, sofern es um große Popentwürfe geht, vornehmlich an Länder wie Brasilien, Kolumbien oder Argentinien. Venezuela steht da eher nicht so weit oben auf der Liste. Schade eigentlich, denn die Musik auf »Venezuela 70« ist der beste Beleg dafür, dass es in den 1970er und 1980er Jahren dort höchst eigenständige Ansätze gab, von denen die restliche Welt zu Unrecht wenig bis gar keine Notiz genommen hat. Musiker wie Angel Rada, Vytas Brenner, Pablo Schneider oder Miguel Angel Fuster kombinierten Rock angelsächsischer Prägung, elektronische Ansätze aus Europa und lateinamerikanische Polyrhythmik wie den indigenen Joropo-Tanz zu hybriden Gebilden zwischen Psychedelik, Krautrock, Folk, Fusion und Kosmischer Musik. Die Künstler fanden dabei einen ganz eigenen Ton, der die vertrauten Elemente mit einer Experimentierfreude und Offenheit in neue Konstellationen überführte. So schuf der Komponist Aldemaro Romero aus Joropo und Bossa Nova gar die Onda Nuevo. Dass die Musik oft klare Zeitsignaturen hat, man etwa bei Vytas Brenner und Fernando Yvosky deutliche Prog-Einflüsse hört, während sich Angel Rada, der in Deutschland studierte, mit Kraftwerk verkehrte und ein Freund von Klaus Schulze war, vernehmlich an New Wave orientiert, stört nicht. Und selbst dass manches einigermaßen trashig geraten ist, gefällt durchaus. Tolle Entdeckung!