Review

Romare

Projections

Ninja Tune • 2015

Das Zeitalter des Sampling ist für viele eigentlich schon zu Ende. Nicht nur wegen der Kosten, die man urheberrechtshalber inzwischen erwarten muss, auch ästhetisch wirkt die Herangehensweise heute etwas antiquiert. Umso großartiger, wenn junge Musiker sich anschicken, das Gegenteil zu beweisen – oder dass man selbst mit alten Mitteln immer noch sehr frische Resultate erzielen kann. Romares Debütalbum »Projections« ist so ein Fall. Der britische Produzent Archie Fairhurst hat sich dabei auf höchst akademische Weise in seinem Amerikanistik-Studium durch eine Vorlesung über das Werk des afroamerikanischen Künstlers Romare Bearden inspirieren lassen. Dessen Bildcollagen aus Zeitschriftenschnipseln nahm Fairhurst sich zum Vorbild für seine Arbeitsweise mit dem Sampler und benannte sein Projekt sogar nach dem Künstler. Was Romare tut, ist nichts weniger, als Blues, Gospel und Soul mit HipHop, House, Disco und Bassmusik zu fließenden Kurzgeschichten zu verweben. Ob er dabei afroamerikanischen Musikern wie Snooks Eaglin, Jimmy Reed oder gar Nina Simone die Ehre erweist oder mit »Rainbow« die Disco-Ära und Schwulenbewegung würdigt, stets schichtet er seine Produktionen zu einem historisch informierten HipHop, der für Genreeinhegungen viel zu umfassend ist und sich zugleich so understated lässig gibt, dass er seine Wucht ganz allmählich erst entfaltet. Besonders »Roots« ist eine dieser Hymnen, die sich nach und nach vom Boden der Tanzfläche himmelwärts erheben und einen beseelt zurücklassen – wie in jeder guten spirituellen Musik. Klassiker. Wirklich.