»Ich weiß noch genau, wie das alles begann« – sein Wissen um Hip Hop’s Old-School-Tage bescherte Torch einen frühen All Time Classic im Deutschrap-Kanon. Und wer die Gegenwart verstehen möchte, kommt um Geschichtswissen nun mal nicht herum. Wer’s nicht glaubt, soll sich wenigstens die Beastie Boys zu Herzen nehmen, das ist nie ein Fehler: »It’s Kool Moe Dee vs Busy Bee, there’s one you should know« heißt es in deren Song »Root Down« über jenes epochemachende MC-Battle, das seinerzeit im legendären Club Harlem World ausgetragen wurde. Ein bequemer, mit hohem Spaßfaktor versehener Weg, sich einen umfassenden Überblick über die Hip Hop-Historie zu verschaffen, gewährleistet Ed Piskors Comic »Hip Hop Family Tree«. Ursprünglich für die Website »Boing Boing« entstanden, hat der Comic schnell seinen Weg zwischen zwei Buchdeckel gefunden. Kein Wunder, fängt das akribisch recherchierte Werk doch sehr schön den Flair und den Flavour vom New York bzw. der Bronx von Mitte der 1970er Jahre bis ins Jahr 1981 ein. Pioniere an den Turntables wie DJ Kool Herc, der als erster den Einsatz eines Mixers und zweier Kopien einer Platte nutzte, um deren Drumbreaks zu loopen, Grandmaster Flash, der dieser Disziplin schnell einen hohen Standard bescherte, und Grandwizard Theodore, der aus dem Zufall heraus das Scratching erfand, erfahren genauso eine Würdigung wie die frühen MCs Melle Mel, Cowboy, Kurtis Blow und Sha-Rock. Figuren aus der Rap-Peripherie wie Russell Simmons, Fab 5 Freddy, Debbie Harry und Rick Rubin füllen, getreu der Geschichte, ebenfalls mehr oder minder große Rollen im »Hip Hop Family Tree« aus. Bruchstückhaft abgehandelt und dabei in einer Optik, die der von Marvel Comics aus gleicher Epoche entspricht, bietet der Comic allerbestes Infotainment über die Anfangstage einer Kultur, die in den Abbruchhäusern und in Hinterhöfen der Bronx entstand, bis heute zum milliardenschweren Business wuchs und längst auch auf andere kulturelle Phänomene abfärbt. Dabei steht es dem Werk sehr gut, dass es aus der Feder eines Fan-Boys stammt: Piskors Enthusiasmus ist durchgehend spürbar, weswegen der Spaß an der Sache stets einer etwaigen Verpflichtung der Geschichte gegenüber – obwohl er sie konsequent ernst nimmt – überwiegt. Yes ya’ll! Dieses Jahr im August erscheint die Fortsetzung des Bandes, der sich die Jahre 1981 bis 1983 vornimmt.
Ed Piskor
HipHop Family Tree Bd.4
Fantagraphics