Das Album der G.O.O.D.-Music-Crew hat etwas von der TV-Serie »Breaking Bad«. Kanye West ist und bleibt der Protagonist. Er ist unser Walter White. Wie dieser in Staffel 5 verliert auch Mr. West mehr und mehr den Bezug zur Realität. Sein Größenwahn ist die Motivation hinter seinem Schaffen – außer überbordendem Wahnwitz hat Kanye gerade nicht viel zu erzählen. Unterhaltsam bleibt er so wie kein anderer, aber dieses aufregende Gefühl, gerade wieder Zeuge einer neuen Vision zu werden, das kann er seit einiger Zeit nicht mehr liefern. Stattdessen nimmt er aktuelle Hypes und zieht ihnen Pelzmantel und Schuhe von Margiela an. Auf »Watch The Throne« waren es die Ausläufer von Dubstep, jetzt ist es Trap-Music. Das knallt und lässt männliche Elemente in der Leistengegend zuverlässig anschwellen. Es überrascht aber nicht mehr. Erschwerend dazu kommt eine Horde Spaßbremsen (ein paar Jesse Pinkmans, um zu »Breaking Bad« zurückzukommen). CyHi Da Prince zum Beispiel. Ich meine: CyHi Da Prince, was will der von mir? Oder John Legend, dessen Stimme immer noch kein Volumen hat. Kid Cudi, der sich anhört, wie ein ausgekauter Kaugummi schmeckt. Ach, und Common, der einfach glaubhafter klingt, wenn er den Moralapostel über einen Gospel-Beat mimt. Schade auch, dass die erste Hud-Mo-Produktion für große Jungs im Rapspiel für einen der lahmsten Songs auf dem Album (»The Bliss«) verschwendet wurde. Aber es ist längst nicht alles verloren! Denn wer Beats von Hit-Boy in Bestform (»Cold«, »Clique«) aus dem Ärmel schütteln und außerdem Pusha-T auf Songs hetzen kann, der in einer Selbstverständlichkeit seine Strophen massakriert, in der Art wie andere morgens Zähne putzen, der ist immer noch ungefährdet auf der Siegerstraße. Es ist das viel zitierte Meckern auf hohem Niveau. »Cruel Summer« kann nämlich vieles. Nur eines kann es nicht: Das Rap-Spiel neu erfinden.
Cruel Summer