Review

Fresh Touch

The Ethopian EP

Angular • 2012

»The Ethiopian EP« ist nur schwer vergleichbar. Am ehesten ist das M.I.A in ihren radikalsten Momenten, Diplos Soundtrack beim Daggern im Nilpferdfluss. Manchmal hört es sich auch an, als würde Hudson Mohawke einen Boxenturm aufbauen, um damit eine Herde von Pavianen zu verärgern. Vier Tracks, die Englands Bässe und Piepen mit Äthiopiens Rhythmen vereinen. Fresh Touch ist die Zusammenarbeit von Richard Russel und Rodaidh McDonald. Russel hat für Gil Scott-Herons letztes Album produziert, McDonald hat zum Debütalbum von The xx beigetragen. Vom dämmrigen Sound von The xx oder der Melancholie Scott-Herons hört man auf »The Ethiopian EP« allerdings nichts: Jede Drum ein Hallo-Wach-Effekt, keine Zeit zum durchatmen, die Tracks rasseln ohne Verschnaufpause durch. Es ist das Ergebnis eines Kultur- und Musikaustausches. Die beiden haben nicht etwa »nur« Samples und wilde Loops aus Äthiopien in die Songs eingearbeitet, sondern auch Alltagsgeräusche. Auf dem Flughafen von Addis Ababa herrscht buntes Treiben, im Hotelzimmer rattern die rostigen Ventilatoren, auf der Busfahrt in den nächsten Ort fegt Staub durch die verschwitze Menschenmasse im ockergelben Bus. In solchen Situationen haben Russel und McDonald stets ihr Aufnahmegerät in der Hand und setzen den Radau später als Soundfetzen in die Songs. Die Stampete aus geloopten afrikanischen Gesängen, elektronischen Basslines und sich überschlagenden Schleif-, Klirr-, und Kreischgeräuschen ist anstrengend; aber sie ist – und das ist hier wichtig – glaubhaft. Hier wurden nicht romantische Volksgesänge in einen 08/15-House-Song verarbeitet, um diesem eine exotische Note zu verleihen. Die EP ist tatsächlich ein Musikaustausch und nicht die Berechnung eines Producers, die verklärt, romantisierende Afrika-Vorstellung des Hörers zu benutzen, um europäischen Sound zu würzen.