Review

Peaking Lights

936

Domino • 2011

So sieht das also aus, wenn man gemeinsame Wurzeln zu einem großen Haufen türmt, mit einem Kanister Benzin übergießt und anzündet bis von Post-Punk und Goth nur noch ein kleines Häufchen psychodelischer Asche übrig bleibt. Der perfekte Nährboden, um zwei kreativen Menschen wie Aaron Coyes und Indra Dunis samt ihrem gemeinsamen Erfahrungsfundus neuen Raum zu geben. Aufgewachsen sind Aaron und Indra dabei auf verschiedenen Kontinenten, nur um sich unter Umständen zu treffen und zu verlieben, zu denen sie jetzt mit 936 wohl einen passenden Soundtrack geliefert haben. Hallende Beat-Komplexität trifft auf mysteriösen und äußerst anonymen Gesang. Man kannte sich bereits entfernt, deswegen war es nur mehr oder weniger zufällig, dass sich die Protagonisten dieser Liebesgeschichte eines Nachts in einem Whirpool trafen und beschlossen gemeinsame Sache zu machen. Nachdem Aaron mit den Rahdunes und Indra mit den Numbers auf Tour gegangen sind, beschließt das Paar von der Bay Area um San Francisco ins kalte Wisconsin zu ziehen. Aaron hat Schwierigkeiten mit der Kälte zurechtzukommen und verbringt viel Zeit mit seinen analogen Soundtüfteleien im gemeinsamen Hobbykeller. Weil für einen Trip nach Texas nicht genügend Geld für Benzin da ist, wird kurzer Hand das Projekt Peaking Lights gegründet. 936 ist nicht nur das erste gemeinsame Werk, sondern auch das Ergebnis kontrollierter Auseinandersetzung mit Ängsten und Limitierungen. Die Akteure bewegen sich aus ihrem gewohnten Habitat, fordern sich heraus. Indra lernt das Improvisieren und Aaron sich als Songwriter weiterzuentwickeln und in festeren Strukturen zu musizieren. Die Songs ihres Debüts treffen sich irgendwo in der Mitte und versprühen, besonders schön zur Schau gestellt in All The Sun that Shines, untermalt von stetigem Orgelrhythmus und Bassläufen, Retrofeeling. Lo-Fi durch und durch. Coyes ist ein Virtuose und lebt die Philosophie, dass wirklich alles einen eigenen Klang hat. Egal ob Regen in San Francisco oder Schneefall in Wisconsin, die Peaking Lights vermögen es auch diesen natürlichen Vorgängen ein gerechtes Soundequivalent zu kreieren und sie in ihren Songs dabei nicht minder organisch klingen zu lassen. Kein Wunder also, dass 936 über die volle Laufzeit viele melancholische Momente hat und eine den Weihnachtsfeiertagen angemessene Trägheit versprüht. Die Kombination aus Coyes hallenden Lo-Fi Experimenten und Dunis hintergründiger aber ausdrucksstarker Stimme, macht letztlich den hypnotisch-psychodelischen Reiz des Albums aus. Ein schläfriger Sog und Dialog der schwebend, Pop, Dub und die zu einem kleinen Häufchen Asche verbrannte musikalische Vergangenheit des Pärchens verbindet.