Ambient und Naturerscheinungen haben sich über die Jahre als assoziative Verknüpfung etabliert, fast schon so fest wie eine Legierung. Wo etwa in der elektronischen Musik keine kantigen Rhythmen den Strom der Klänge strukturieren und die synthetischen Gewebe offen-luftige Texturen entwickeln – schweben eben –, passen Bilder von freier Fläche in wahlweise gebirgiger, steppiger oder ozeanischer Weite fast immer. Wenn eine Musikerin wie Emily A. Sprague ihre Alben dann noch den Bergen oder dem Wasser widmet, ist das fast schon zu naheliegend. Zu alledem stammt die US-Amerikanerin aus den Catskill Mountains in New York. Mehr Stereotyp scheint kaum zu gehen. Was aber immer eine Frage des Ergebnisses bleibt. Denn Emily A. Sprague kann ihre Inspiration nicht bloß sachgerecht in Drone-basierte tönende Flächenarbeiten übersetzen, sie erzeugt damit vor allem einen Fluss, der sich seinen eigenen Raum erschafft, mit sanfter Macht zum Verweilen einlädt und einen ganz woandershin entführt als in die menschenleere Wildnis. Mit der mögen sich die Epen der beiden Alben »Water Memory« und »Mount Vision«, von RVNG Intl jetzt zum ersten Mal auf Vinyl herausgebracht, zwar bestens vertragen. Man kann aber noch viel mehr in ihnen entdecken. Keine Musik, in der wenig geschieht, sondern eine, die einem halt wirklich Platz zum Hören lässt.
Water Memory / Mount Vision