Jahresrückblick 2019 – Top 50 Reissues
Kolumne
Sahel Sounds ist ein 2010 von Christopher Kirkley gegründetes, US-amerikanisches Plattenlabel aus Portland.
Wäre Kirkley nicht eines Tages auf eine CD des malischen Gitarristen Afel Boucoum gestoßen, Sahel Sounds hätte es vielleicht so nicht gegeben. _»Es hat mich ergriffen, aber auch verwirrt, dass all diese Klänge aus einer Gitarre kommen können«_, erinnert sich der Labelbetreiber und schwärmt von einem reduzierten und doch polyrhythmischen Sound. Weil ihn seine Internetrecherchen nicht weit genug brachten, packte er seine Koffer und besuchte auf eigene Faust die Sahelzone mit einer Gitarre im Gepäck. Das Instrument wurde zum Türöffner in eine Welt, in der sich Kirkley schnell zuhause fühlte. Seine musikalischen Erkundungstouren dokumentierte er in Wort und Ton auf einem Blog, der schnell das Interesse von Eric Isaacson vom Label Mississippi Records aus Portland weckte. Der Grundstein für das Label Sahel Sounds war gelegt.
Musikalisch ist Sahel Sounds immer für eine Überraschung gut. Zwischen traditionellen Musikstilen finden sich hier auch krasse Autotune-Experimente und Klingeltöne – Hauptsache, sie werden lokal hergestellt. Kirkley berichtet von langen Streifzügen durch die Sahelzone und davon, wie er sich vor Tipps über WhatsApp, Facebook sowie Mund-zu-Mund-Propaganda kaum retten kann. _»Es geht weniger darum, Musik zu finden«_, betont er. Wichtiger sei es, sie zu kuratieren und dem Rest der Welt vorzustellen. Einer rein akademischen Arbeit sieht er sich dabei jedoch nicht verpflichtet, sieht aber schon dessen anthropologischen Nutzen. _»Ich will, dass mein Label eine dicht bevölkerte Einrichtung ist, die verschiedene Musiken sichtbar macht, wie es ebenso die Rolle kultureller Stellvertretung respektieren soll.«_ Das heißt auch, dass Kirkley nicht das zigste Reissue einer obskuren Funk-Platte auf den Markt bringen will, um die Discogs-Preise zu drücken, sondern lieber tiefer nach zeitgenössischen Sounds sucht.
Leicht ist das nicht immer unbedingt, gibt Kirkley zu. Zwar berichtet er einerseits, dass seine Artists den westlichen Sensibilitäten in Hinsicht auf kolonialistische Mechanismen eher mit Verwunderung begegnen: _»Der hiesige Kapitalismus ist ziemlich rücksichtslos und die MusikerInnen sind an schlechte Deals gewohnt, weshalb sie ziemlich gewiefte Business-Leute sind«_. Doch ist gerade die faire Abdeckung der kulturellen Diversität der Sahelzone etwas, das ihm Kopfzerbrechen bereitet. Bei Sahel Sounds erscheinen viele Platten von Tuareg-KünstlerInnen, weil er sich vor allem in deren Radius bewegt. Kirkleys erklärtes Hauptziel ist es aber, vom Coverdesign bis in die Breite des Gesamtkatalogs hinein ein ganzheitliches musikalisches Bild der Sahelzone zu zeichnen, das alle Eigenarten der hiesigen Musikszenen angemessen repräsentiert. Kaum zu glauben, dass all das mit einer einzigen CD angefangen hat.
Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.
Unbedingt notwendige Cookies sollten jederzeit aktiviert sein, damit wir deine Einstellungen für die Cookie-Einstellungen speichern können.
Diese Website verwendet Google Analytics, um anonyme Informationen wie die Anzahl der Besucher der Website und die beliebtesten Seiten zu sammeln.
Diesen Cookie aktiviert zu lassen, hilft uns, unsere Website zu verbessern.
Bitte aktiviere zuerst die unbedingt notwendigen Cookies, damit wir deine Einstellungen speichern können!