So einen Typen würde man hinter dieser Musik zunächst nicht erwarten. Im Schaffenskatalog des finnischen Musikers Jaakko Eino Kalevi finden sich exaltierter Dance-Pop mit Zeilen wie »you don’t have to say that you love me, just show how flexible you are« Indie-Pop, Dream-Pop, aber auch seine 2013er EP »Dreamzone«, auf der der Finne mal nach Jim Morrisson, mal nach Ariel’s Pink Graffiti klingt, mit »Last Christmas« von Wham! kokettiert – und es mit »No End« nicht nur in unsere Jahrescharts schaffte.
Der Sound von Jakko Eino Kalevi ist verspielt, tänzelt charmant um das Naive herum und vereint munter vielfältige Einflüsse. Dahinter steckt dieser 30jährige Finne mit Milchgesicht, der, mit glattem langen Haar und in knuffige Wollpullis gekleidet, bescheiden in die Welt blickt. Wir haben diesen jungen Mann gesprochen, der als Straßenbahnfahrer seine Fixkosten abdeckt und der neben seinem ersten Album für Dominos Sublabel Weird World in diesem Jahr eine weitere EP veröffentlichen wird.
Hallo Jaakko, was machst Du gerade?
Jaakko Eino Kalevi: Ich höre Musik und mache Wäsche.
Oh Gott, Wäsche, ich hasse es, die Wäsche zu machen.
Tja, manchmal muss man es machen.
Das ist wahr. Also, ich dachte, Du wärest in Berlin, um Dein neues Album aufzunehmen!
Nein, aber so hatte ich es eigentlich geplant (lacht), aber, tja… naja, ich plane es auf jeden Fall (lacht mehr).
»Straßenbahnen sind nicht gewöhnlich. Straßenbahnen sind ziemlich selten in der Welt – sie sind besonders.«
Jaakko Eino Kalevi
Du hast also noch gar nicht mit den Aufnahmen begonnen?
Doch, habe ich. Ich glaube, ich habe bereits das Meiste für das neue Album fertig. Ich muss nur noch die Vocals richtig aufnehmen.
Ein Release-Date gibt es aber noch nicht?
Nein. Es könnte aber im August sein…
Kannst du bereits verraten, wie sich Dein neues Album anhört?
Ich würde sagen, es geht in die gleiche Richtung wie die »Dreamzone EP« Und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich auch einige Songs der EP für das Album verwende. Aber ja: fortgeschrittene Sounds (lacht).
Gefällt eigentlich allen, die Deine Musik seit Anfang kennen, der Sound der »Dreamzone EP«?
Nun, ich glaube, dass ich generell viele verschiedene Stile ausprobiert habe – die Leute sind das also gewöhnt. Zum Beispiel kommt meine nächste EP im Juni auf Tim Sweeneys Beats In Space. Sie wird viel mehr Dance und Disco beinhalten und experimenteller sein.
Lass uns darüber reden, was bei Dir in der jüngeren Vergangenheit passiert ist: Du veröffentlichst seit über zehn Jahren Musik und dann machst Du »No End«. Ein Song, der Dich weit über Finnlands Grenzen hinaus bekannt gemacht hat. Wie hast Du das erlebt?
Als ich die EP fertig hatte, fragten mich die Leute vom Plattenlabel, welchen Song ich als Single haben wollte. Und mir war die Wichtigkeit dieser Entscheidung nicht klar, also sagte ich etwas wie: »aah ja, egal« (lacht). Aber jetzt scheint es, als sei es eine wichtige Entscheidung gewesen (lacht mehr).
Aber was meinst Du, weshalb hat Dir gerade dieser Song so viel Aufmerksamkeit und Erfolg beschert?
Der große Unterschied zu früher ist, dass ich jetzt Domino im Rücken habe. Meine vorheriges Plattenlabel… nun, die haben überhaupt keine Promo gemacht (lacht). Einige meiner Platten gingen nicht mal in die Distribution. Das Label hat sie einfach in ein paar Shops in Helsinki gelegt. (lacht)
Gibt es etwas, das Dich am Erfolg von »No End« stört?
Ich weiß nicht, ob er jetzt so erfolgreich war. (lacht) Aber nein, nicht wirklich. Ich finde, die »Dreamzone EP« hat als ganzes sehr gut funktioniert. Weil ich diesmal mit anderen Menschen zusammengearbeitet habe: einem Fotografen, einem Designer. All diese Sachen hatte ich davor selbst gemacht. Vielleicht sollte ich auch jemand anderen das neue Album mixen lassen… . Aber es ist eine Frage von Vertrauen: Wessen Tempo kann ich trauen?
Was ist Dein Tempo?
Mal so, mal so. Ich habe auch Songs auf dem neuen Album, die ich ursprünglich vor zehn Jahren aufgenommen habe.
Sag mal, Jaakko, warum fragt Dich eigentlich jeder Journalist nach Deinem Job als Straßenbahnfahrer?
Wahrscheinlich, weil es ein sehr romantischer Job ist. (lacht) Und auch, weil andere Künstler eventuell auch einen Job neben der Musik haben, aber kaum einer darüber redet. Bei mir stand diese Info im Pressetext. (lacht) Hast Du diesen Film von Aki Kaurismäki, »Drifting Clouds«, gesehen?
Nein, unglücklichweise habe ich nicht einmal davon gehört…
Tja, die Hauptfigur ist ein Straßenbahnfahrer (lacht).
»Vielleicht ist Liebe eine Sache, über die man gut singen kann.«
Jaakko Eino Kalevi
Und?
Mmmm, es zeigt den Job als einen romantischen Job.
Glaubst Du, die Leute wären weniger fasziniert, wenn Du – sagen wir mal – ein Bäcker wärst?
Ich denke, es wäre ein bisschen anders. Weil Straßenbahnen sind nicht gewöhnlich. Straßenbahnen sind ziemlich selten in der Welt – sie sind besonders.
Ich kann mir vorstellen, dass es schön ist, die Straßenbahn zu führen.
Ja, es ist… ziemlich leicht.
Wirst Du nicht müde?
Das Problem ist, dass es einen langweilen kann. Es gibt in Helsinki interessante und weniger interessante Routen. Die langweiligen gehen einfach nur hin und zurück auf großen Straßen.
Du bist schon ein eher romantischer Typ, oder? Du singst auch sehr viel über Liebe.
Kann sein. (Hat einen Lachanfall)Jeder meiner Songs hat das Wort »Liebe« in sich (sagt er lachend) – darüber habe ich noch nie nachgedacht. Vielleicht ist es eine gute Sache, über die man singen kann. Aber ich singe nicht traditionell darüber. (lacht noch mehr)
Warum hältst Du die Liebe für ein interessantes Thema?
Sie ist ein so vielseitiges Thema und die Menschen haben so starke Vorstellungen davon. Sie kann alles sein. (lacht)
Was ist noch ein interessantes Thema?
Jaakko Eino Kalevi: Geisteskrankheiten.
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Liebe und Geisteskrankheiten sind ja auch eng miteinander verbunden.
Ja, sie sind das Gleiche! (lacht)
Dir ist schon klar, dass das die Überschrift werden könnte: »Liebe und Geisteskrankheiten sind das Gleiche«?
Okay, das ist gut.(lacht)
Du hast mal auf Facebook geschrieben: »Feelings Make Me Laugh«.
Jaakko Eino Kalevi: Das war so etwas wie ein Insider unter mir und meinen Freunden. Einer meiner Freunde hat das mal aus Versehen gesagt. Es macht eigentlich keinen Sinn, aber andererseits: Gefühle bringen mich zum Lachen.
Und was bringt dich zum Weinen?
Gefühle. (lacht viel)
Puh, alles, was Du sagst, macht total Sinn (lacht). Ich will auch nicht mehr von deiner Zeit in Anspruch nehmen.
Ja, ich muss auch die Wäsche rausholen.
Ich hoffe, Du hattest die richtige Temperatur eingestellt.
Oh, ist das erste Mal, dass ich diese Waschmaschine benutze.
40° Celsius?
Ja, ich nehme immer 40.
Ja, immer 40 nehmen! Ich bleibe auch immer bei 40. Alles andere ist zu gefährlich.
Ja, zu riskant.