Bei Oddisee kann es schnell passieren, dass einem spontan die Assoziation »Hipster« durch den Kopf schießt. Wenn man z.B. einen Blick auf seine Instagram-Fotos wirft, mag sich dieser Eindruck verhärten. Steht er allerdings mit der Band Good Company auf der Bühne, widerspricht er ganz und gar dem Klischee des gelangweilten, unbeeindruckten Typen. Während er hauptsächlich Songs seiner neuesten Veröffentlichungen »Tangible Dream« und »People Hear What They See« vorträgt, sprüht er nur so vor Energie. Selbiges lässt sich über die fünfköpfige Band sagen. Es wird ausgelassen gesprungen, getanzt und gelacht. Unverkennbar, dass sich diese Männer schon jahrelang kennen und zusammenarbeiten. Gerade die Tatsache, dass die Musiker ein solch eingespieltes Team sind, ermöglicht den Raum zum Improvisieren. Hier lässt sich beinahe schon eine Jazz-Attitüde attestieren. Während der Fokus im ersten Teil der Show eher auf dem Performen bekannter Songs und der Interaktion mit dem Publikum liegt, wird im zweiten Teil mehr mit dem vorliegenden Material gespielt. Ob nun Olivier Daysoul und Ralph Washington durch spontane Gesangseinlagen überzeugen oder die Vorgruppe Obagyle erneut auf die Bühne gebeten wird, um neben dem offensichtlich begeisterten Oddisee zu freestylen – diese Momente des Unerwarteten sind stark. Da stört es auch kaum, dass der Fluss ab und zu durch das unangenehme Quietschen der Mikrofone unterbrochen wird. Trotz allem behält Oddisee stets die Kontrolle über das Geschehen. Genauso wie er Soli anmoderiert, gibt der MC aus Washington, D.C. seiner Band gelegentlich Anweisungen, um seine musikalische Vision zu verwirklichen. (»Add the keys right here«, »Just the hi-hats.«) Am Ende des Auftritts löst er sich allerdings von dieser Rolle und begibt sich in die Menge der Zuschauer, um genau wie alle anderen der finalen und ausgedehnten Improvisation von Good Company zu folgen. Nur, um dann wieder nach vorne zu gehen und das Mikrofon an der Bassdrum zu richten. Wenn es um die Musik geht, ist Oddisee ein Perfektionist. Dennoch, so betont er immer wieder, ist er auch nur ein ganz normaler Typ. Kein Wunder also, dass er sich mit Leichtigkeit in vielen verschiedenen Facetten präsentiert und die Stimmung wie selbstverständlich zwischen Euphorie und Ernsthaftigkeit variiert. Oddisee und Good Company schaffen es an diesem Abend, die Menschen gleichermaßen mitzureißen und zu beeindrucken. Bleibt am Ende nur noch die Frage zu klären, warum die Band nicht »Great Company« heißt.
Oddisee – Kompass ohne Morden
Porträt