Network Awesome ist Online-Fernsehen im besten Sinne. Denn es schöpft ausschließlich aus der unüberschaubaren und oft zusammenhangslosen YouTube-Welt. Dokumentarfilme und Videos zwischen Trash und hochwertigem Kino werden so in einen Zusammenhang gestellt, der weit mehr ist, als nur eine willkürliche Playlist von Videolinks. Tagtäglich präsentiert Network Awesome sechs Shows, die thematisch kuratiert werden und dabei den Brückenschlag zwischen der klassischen Hommage, wie etwas zum 100. Geburtstag von John Cage, bis hin zu experimentelleren Nischen mit ungewöhnlichen Blickwinkeln, wie etwa bei der Drug Week oder dem Godzilla Day, versucht. Im Archiv finden sich so nach fast zwei Jahren über 5000 Shows, zudem werden im begleitenden Magazin Hintergründe aufgedeckt und das Material in den Kontext gebracht. In Zeiten, da die einst so verführerische und viel versprechende Kollektivität des Netzwerks in privatwirtschaftlichen Interessen und Spam zu versinken droht, zeigt Network Awesome das große Reichtum auf und stellt Zusammenhänge dort her, wo sie zwischen Google Ads und gesperrten Musikvideos verloren gegangen sind.
Gestartet hat das Netzwerk Jason Forrest, der vor allem als Musiker und DJ bekannt ist. Nach zahlreichen Platten zwischen experimenteller Elektronik, Breakcore und Rock’n’Roll und unzähligen Mixtapes als DJ Donna Summer, hat er sich mit Network Awesome verstärkt auf seine kuratorische Ader konzentriert (die er auch schon mit seinem eigenen Label Cock Rock Records und dem Wasted Festival verfolgt hat). Bevor wir euch für die laufende Hip Hop Week jeden Tag zwei Shows von Network Awesome empfehlen, haben wir mit dem umtriebigen Wahlberliner gesprochen.Jason, du hast Network Awesome gemeinsam mit Greg Sadetsky als eine neue Art Fernsehen gestartet, die der Vielfalt des Internets gerecht werden sollte. An welchem Punkt hast du die Notwendigkeit gesehen, das Material da draußen zu kuratieren?
Jason Forrest: Es hat alles mit der nicht vorhandenen Vielfalt und Qualität des herkömmlichen Fernsehens begonnen. Das ist fast überall ziemlich schlecht geworden. Dabei hat Fernsehen als Medium – von Bildung bis zur Unterhaltung – eine große Rolle gespielt in der dynamischen Entwicklung von Gesellschaften. Aber die Sender zeigen einfach nicht mehr die guten Sachen. YouTube dagegen hat zwar das Material, aber ist so weitläufig, dass es schwer zu finden ist. Network Awesome ist also etwas dazwischen. Es ist Online-TV, das sich bewusst ist, wie viel besser Fernsehen einmal war und zugleich versucht es noch besser für die Zukunft zu machen. Wir haben viel Recherche betrieben und vor allem in den 80er Jahren interessante Konzepte gefunden. Ein Kurator zu sein heißt immer auch ein guter Freund zu sein, jemanden den man vertraut.
Denkst du, dass das Interesse an kuratierten Inhalten auch ein Backlash gegen die Anonymität und überfordernde Fülle des Internets ist?
Jason Forrest: Ja, definitiv.
In welchem Maß spielt selbst produziertes Material eine Rolle bei Network Awesome?»Ich halte unsere Plattform für eine Mischung aus Bibliothek und Mixtape.«
Jason Forrest
Jason Forrest: Wir haben gerade unsere erste Show produziert. Die »Network Awesome Show« ist eine Art Variety Show mit 32 Musikern, Künstlern, Acts jeder Art. Von den Puppetmastaz über Stereo Total bis hin zu einem Robot Dance Team: Es ist extrem unterhaltsam. Die Show wird wahrscheinlich im November starten. Wir haben außerdem gerade den Piloten einer Serie mit der Band Bonaparte fertig gestellt. Das Material wird auch live auf ihrer Tour zu sehen sein – es ist eine Art Workout-Sendung und wir hatten jede Menge Spaß beim Dreh – super funny!
Neben vielen anderen Projekten bist du auch als DJ bekannt. Denkst du, dass deine Arbeit bei Network Awesome auf eine Art vergleichbar ist?
Jason Forrest: Grundsätzlich wollen DJs Musik teilen, die sie spannend finden, und Network Awesome macht im Prinzip dasselbe. Ich halte unsere Plattform für eine Mischung aus Bibliothek und Mixtape.
Ist es die Aufgabe eines DJs/eines Kurators Menschen etwas sehen zu lassen, das sie ansonsten niemals sehen würden – indem er es mit Material verknüpft, zu dem sie bereits einen Zugang haben?
Jason Forrest: Das ist eine gute Frage. Wir sind immer auf der Suche nach inspirierenden Material und wir versuchen oft bekanntes Material mit weniger bekannten zu verknüpfen. Und ja, das ist etwas, das auch jeder gute DJ macht.
Was waren deine Lieblingsthemen bei Network Awesome bisher und was habt ihr noch vor?
Jason Forrest: Unsere erste Themenwoche haben wir zum Thema Frauen im Punk gemacht und das wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Ich mochte auch die Mario Bava Week, unser Special zu japanischem Art House und ich bin sehr gespannt auf die Hip Hop Week, die diese Woche läuft.
In diesem Sinne, hier geht’s zu den Empfehlungen des ersten Tages.