Man muss gut angstfrei sein bezüglich salbungsvoller Spiritualität, wenn man hier weiterkommen will. »Ground shaking stillness« beschwört die göttliche weibliche Stimme gleich zu Beginn, beruft sich auf die Ahnen, und im Stück drauf flüstert ein bärtiger Mann »I love you« übers Lagerfeuer. Einfach nicht ablenken lassen. Das Ganze rein als Musik wahrnehmen. Eigentlich ist das Album sogar als Antwort darauf gedacht. Also auf die Frage, ob Carlos Niño eigentlich Schamane sei. Nein, nein! »(I’m Just) Chillin’, On Fire«. Keine Sorge also – nur Musik. Und zwar gute; sehr schöne. Dieser Ambient-Spiritual-Jazz macht ein paar Sachen besonders richtig: Es gibt viel Spoken Word, genug Beat, und wenig genug New-Age-Kitsch. Das Album ist wie eine einzige Harmonie konzipiert, als ein Ganzes; eine außergewöhnliche Leistung, wenn man bedenkt, dass es an ganz verschiedenen Ort mit ganz verschiedenen Musikern aufgenommen wurde. Es ist irgendwas im Hintergrund, das da wabert und die Stücke zusammenwebt. Die Ruhe, die dadurch entsteht, ist eine Wohltat. Das Große daran: Man spürt dem Album seinen Anspruch an. Entgegen des Titels und den trivialen Spiritualitäts-Anzeigern in den Texten, erweckt das Gesamtwerk den Eindruck wirklich ein ebensolches sein zu wollen. Die Stücke sind sorgfältig arrangiert und lösen einander schlüssig ab. Es gibt keinen Bruch und trotzdem keine Langeweile. Man folgt der Strömung und dem kleinen gelben Vogel. Am Ende dankt man den Vorfahren für die Stille, die sie auf der Erde angelegt haben.
Surya Botofasina
Everyone’s Children
Spiritmuse