Zur Einschulung gab es die erste Trompete. Mit 14 investierte er in den Labelkatalog von Ninja Tune. Später drehte sich Alice Coltrane auf dem Plattenteller – und es war geschehen um Matthew Halsall. Der britische Trompteur gehört mit Anfang 40 zwar nicht mehr zu den jüngsten Bläserbuben des UK-Jazz. Dafür aber zu den bekanntesten. Mit Gondwana Records überblickt Halsall außerdem ein Label, das Gruppen wie GoGo Penguin und Portico Quartet, aber auch Hania Rani und Chip Wickham bekannt gemacht hat.
Dass Musiker:innen mit ihrer Musik eine »neue Stimme« finden, mitunter auch lernen oder sogar sprechen, gehört zu den gern zitierten Geschichten im Geschäft. Auf Matthew Halsall trifft sie zu. Als Jugendlicher hatte er Schwierigkeiten mit der Sprache. In einer »etwas anderen Schule« lernte er Yoga. Zwei Sonnengrüße später spielte die Rechtschreibung keine Rolle mehr, Halsall meditierte zu seiner eigenen Erleuchtung: dem spirituellen Jazz.
In den 2000er Jahren nimmt Halsall seine Trompete oft mit ins Matt & Phred’s, einen Jazzclub in Manchester, in dem sich Gleichgesinnte über das Erbe von Coltrane, Lateef und Sanders austauschen. 2008 gründet er Gondwana Records – den Namen hat sich Halsall im Klamottenladen seiner Mutter abgeguckt – und veröffentlicht seine erste Platte. Eine weitere folgt, die dritte landet auf dem Teller von Gilles Peterson.
Inzwischen hat Matthew Halsall sieben Soloalben veröffentlicht.Mit »An Ever Changing View«, seinem aktuellen, hat er »ein Klanguniversum« erkundet, das heißt: Es klimpert, klappert und rasselt zur Trompete wie auf einem Reinigungs-Retreat im Amazonas-Delta- Kein Wunder, schließlich entflieht Halsall seiner verregneten Realität in Manchester oft mit Regenwaldgeräuschen auf YouTube. Anhand von zehn Alben hat er uns erklärt, welche Schallplatten ihn gefortm, gebessert und gebildet haben.
Matthew Halsall: Ein zeitloser Klassiker und wahrscheinlich das erste Jazz-Album, zu dem ich eine tiefe Verbindung gespürt habe. Ich liebe jede einzelne Note auf dieser Platte, es ist eine Meisterleistung in modaler Jazzimprovisation und Komposition. Ich habe zu allen Trompetensoli von Miles auf dieser Platte viele, viele Male mitgespielt.
RedaktionMatthew Halsall: Dieses Album hat mir eine ganz neue Perspektive gegeben, wie man Jazz auf eine zeitgemäßere Art und Weise komponieren kann. Ich liebe die Art und Weise, wie J. Swinscoe Dinge wie Buddy Richs »Willowcrest« und »Channel One Suite«, Elvin Jones' »Kalima« und Herbie Hancocks Soundtrack zu »Death Wish« gesampelt hat.
RedaktionMatthew Halsall: Ein weiteres großartiges Album auf Ninja Tune und eine Legende aus Manchester. Mr. Scruffs »Keep It Unreal« und seine gleichnamige Clubnacht haben mir den Kopf für so viele tolle musikalische Möglichkeiten geöffnet.
RedaktionMatthew Halsall: Ich glaube, dies ist eine meiner liebsten Pharoah Sanders-Platten aller Zeiten. Ich hörte den Titel »You've Got To Have Freedom« zum ersten Mal auf der Tanzfläche bei einer von Mr. Scruffs Nächten und ging nach Hause und suchte tagelang nach allem, was ich von Pharoah finden konnte. Durch diese Suche entdeckte ich auch seine Arbeit mit Alice Coltrane, die meine gesamte musikalische Richtung veränderte und mich in die Welt des spirituellen Jazz einführte.
RedaktionMatthew Halsall: Dies war das erste Alice Coltrane-Album, das ich hörte, da es mit Pharaoh Sanders aufgenommen wurde, und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich es mir angehört habe. Ich war absolut besessen davon und habe mit meiner Band sogar eine Coverversion des Titeltracks gemacht.
RedaktionMatthew Halsall: Ich erinnere mich noch, als das Album herauskam, war ich völlig hin und weg! Ich liebe die Kombination aus Samples und Jazz-Session-Musikern wie dem Schlagzeuger Luke Flowers, dem Pianisten John Ellis und dem Bassisten Phil France (alles Freunde von mir aus Manchester), und der tiefe, gefühlvolle Gesang von Fontella Bass und Roots Manuva ist einfach der Hammer!
RedaktionMatthew Halsall: Ich erinnere mich, dieses Album in der Bibliothek entdeckt zu haben, als ich Tontechnik und Musiktechnologie studierte. Es ist ein sehr einzigartiges und schönes Album, das viele Sampling-Techniken mit Jazz-Session-Musikern und Sängern kombiniert, und obwohl es 2001 veröffentlicht wurde, klingt es immer noch super frisch.
RedaktionMatthew Halsall: Ich liebe es, dieses Album zu hören, wenn ich zu Hause chill oder auch auf der Tanzfläche. Es ist super kosmisch! Die Kombination aus spacigen Fender Rhodes, Synthesizern, Flöte, Gesang, Bass, Schlagzeug und Percussion ist definitiv einer meiner Favoriten.
RedaktionMatthew Halsall: Makaya ist zu einem meiner Favoriten unter den zeitgenössischen Jazz-Schlagzeugern/Komponisten/Produzenten geworden, und dieses Album ist von Anfang bis Ende ein großes Hörvergnügen mit einer üppigen Vielfalt an Instrumenten.
Redaktion Zur ReviewMatthew Halsall: Ein weiteres gutes zeitgenössisches Album/eine Band, die ich oft höre, ist »Web Max« von Web Web. Mir gefällt die Produktion, die retro, aber frisch klingt.
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