Der Musik von Marc Richter wohnt per se etwas Unheimliches inne. Insbesondere sein Projekt Black To Comm wurde nicht zu Unrecht in den späten Nuller- und frühen Zehnerjahren oft genannt, wenn es um sogenannte Hauntology ging: Musik, die durch den Einsatz von und Hinweis auf die Medien vergangener Zeiten die Gespenster der Vergangenheit heraufbeschwörte. »Earth« ist aber noch auf andere Art unheimlich. Ursprünglich erschien es im Jahr 2012, komponiert wurde es aber noch früher. Der singapurische Filmemacher Ho Tzu Nyen kontaktierte Richter, nachdem er dessen Album »Alphabet 1968«, das im selben Zug wie »Earth« neu von Richter über sein eigenes Label Cellule 75 aufgelegt wurde, gehört hatte: Richter solle bei Vorführungen seinen Stummfilm »Earth« bescoren. Der immer wieder auf ikonische Bilder rekurrierende, in einem nicht-linearen Collage-Modus vorgehende Film, der als Meditation über Zerfall und Untergang verstanden werden kann, hatte damit den denkbar passendsten Komponisten gefunden – so schließlich verfährt Richter mit Klang. Das tat er auch in diesem Fall, nach einem Beinbruch ans Bett gefesselt und mit Schmerzmitteln vollgepumpt, mithilfe von ein paar Plattenspielern, Samplern und einigen elektronischen und akustischen Instrumenten. Und mit David Aird, unter dem Pseudonym Vindicatrix selbst ein hochproduktiver Künstler. Airds Stimme verleiht den Stücken Richters noch eine ganz andere, theatralische Dimension. Ob flirrendes Gedröhne, spartanisches Gitarrenspiel, verknisterte und heruntergepitchte Aufnahmen von Orchester-Stücken, alles von dem zugleich oder das epische, marschähnliche Schlagzeug des letzten Stücks: Aird windet sich darüber wie ein Scott Walker am Rande des Wahnsinns und seinen stimmlichen Fähigkeiten. Der Gesang scheint direkt aus der Kehle zu kommen, zugleich aber vorne im Mund gebildet zu werden; er ist extrem körperlich und doch ungreifbar zugleich. Hier und dort klingen Wortfetzen vertraut, meistens aber scheint Aird keine bestimmte Sprache zu verwenden. Es ist an dieser Performance kurzum alles gespenstisch: Der Sänger scheint zugleich an- und doch abwesend. Besser hätte sich die Musik Richters nicht ergänzen lassen, unheimlicher war sie also nie. Das ist unbedingt als Qualitätsmerkmal zu verstehen.

Earth