DJ Scientist ist vieles auf einmal: Producer von instrumentalem Hip-Hop, musikalischer Weggefährte von randständigen Underground-Acts wie Ceschi, 2econd Class Citizen und 88:Komaflash, Herausgeber des mittlerweile eingestellten DEAD-Magazines, DJ und passionierter Crate Digger. Als Raincoatman ist er darüber hinaus auch als Grafiker und Gestalter formidabler Coverdesigns unterwegs. Außerdem ist er natürlich Labelchef von Equinox Records. Und von The Outer Edge, das die ehemaligen Imprints The Artless Cuckoo und Boogie on the Mainline unter einem Dach vereint.
Sein vielfältiger Output könnte entsprechend gleich mehrere Künstlerbiographien ausfüllen. Dennoch findet er immer wieder Zeit und Muße, eigenwillige themenbezogene Sampler und Mixtapes zu kompilieren, wofür er in den entlegensten Ecken der deutschen Musiklandschaft wildert. Als DJ alter Schule ist er stets auf der Suche nach dem perfektem Beat, nach obskuren Breaks und unverbrauchtem Funk. Er diggt daher auch dort, wo niemand Coolness und Credibility erwartet – und findet Erstaunliches!
Wolkenrock
Die von ihm herausgegebenen Mixes und Compilations sprechen diesbezüglich Bände: »Keine Musik für Niemand« featured Polit-Rock und Propaganda-Funk dies- und jenseits des deutschen Herbstes. »Solid Soviet Steel Radio (SSSR)« präsentiert groovende, westlich geprägte Tracks aus der ehemaligen Sowjetunion. Und »Music with a Message – Celestial Explorations into German Church Rock« steppt mit religiös erbaulichem Kram der sogenannten Beat-Messen, die während der Christenbewegungen der Sechziger- und Siebzigerjahre stattfanden, in den Altarraum.
»In den Songs, die ich entdeckt habe und von denen ich nun einen Teil in meinem neuen Mix verwende, [gab] es viel Melancholie. Das ›Sonnige‹ fehlte.«
DJ Scientist
Aktuell fahndet DJ Scientist nach dem, was er Cloud Rock nennt. »Schon seit einigen Jahren habe ich speziell nach AOR aus Deutschland recherchiert«, erklärt er. »Aber AOR ist ein schwammiger Begriff und auch der Yachtrock-Stempel passte nicht zu den meisten deutschen Produktionen. Stattdessen gab es in den Songs, die ich entdeckt habe und von denen ich nun einen Teil in meinem neuen Mix verwende, oft viel Melancholie. Das ›Sonnige‹ fehlte. Stattdessen ging es in vielen Songs um Wind und Wolken. Das fand ich passend für einen Namen: Wolkenrock. Auf Englisch ist Cloud Rock natürlich noch passender, da es fast wie Krautrock klingt – und diese Ähnlichkeit natürlich gewollt ist.«