Wie kann Dekadenz 2022 noch so unverschämt cool sein? Eigentlich scheint es ja entgegen jeder Vernunft, in Zeiten von Klimawandel und Ressourcenknappheit noch vom eigenen Luxus und dem immensen Vermögen zu rappen. Doch Pusha T ist der König im Kredenzen der makellosen Hedonismus-Banger – immer mit ein wenig weißem Feinschmecker*innen-Pulver garniert. Für sein viertes Soloalbum »It’s Almost Dry« fängt der New Yorker aber erst mal bei Adam und Eva an und erzählt gewohnt prägnant von seiner Dealer-Vergangenheit vor dem Millennium. Seit Jahren gelten die Erzählungen von Pusha T als authentische Darstellungen aus den US-amerikanischen Problembezirken und obwohl diese Vergangenheit Jahrzehnte her ist, kann kaum jemand so atmosphärisch evozieren, was zwischen Stacks aus Geld und Kokain passiert ist. Die Selbstbezeichnung als »Cocaine’s Dr. Seuss« ist keine Übertreibung. Einen großen Beitrag zum Spaß leisten neben den lebendigen Schilderungen auch die ausgelassen nickenden Produktion von Pharrell Williams, der schon das legendäre 2006 erschienene »Hell Hath No Fury« von Pusha T und seinem Bruder No Malice mitproduziert hat. Ebenso passend sind die lässig hingerotzte Features von u.a. Kanye West und Jay-Z. Ob auf reduzierten Soul-Samples oder einer basslastiger Ohrenmassage von einem Beat: Wenn Pusha »Seuss« T über den zurückliegenden Hustle rappt, während er im Hier und Jetzt dekadent durch die Flügeltür steigt, dann ist das schon reichlich unmoralisch, aber auch unverschämt cool.
It's Almost Dry