Review Dance

Kuedo

Infinite Window

Brainfeeder • 2022

Mit seinem dritten Soloalbum macht Jamie Teasdale aka Kuedo ein weiterer Schritt weg vom aggressiven Dubstep der 2000er-Jahre, weg vom ehemaligen Duos Vex’d und von seinen musikalischen Wurzeln. Statt harten Breaks und kalkulierten Drops gibt es auf »Infinite Window« eine Menge modularer Synth-Arpeggios mit eher ungewöhnlichen Beat-Kaskaden zu hören, die nuancierte und dunkle Klangwelten wie aus Science-Fiction-Filmen aufbauen – »Blade Runner« lässt grüßen. Und obwohl Zeitgenoss*innen wie Oneohtrix Point Never oder Jlin ebenfalls Vintage-Synths und teils ähnliches Drum-Programming für ihre Tracks benutzen, ist doch gerade der Einfluss des kürzlich verstorbenen Vangelis auf »Infinite Window« am deutlichsten spür- und hörbar. Kuedos nostalgischer Futurismus funktioniert auch am besten als ein zukünftiger Blick zurück auf eine bessere, doch mittlerweile längst untergegangene Vergangenheit. In einer verbrannten, wüstenhaften Welt, in der die Zeit und auch die Erinnerungen wie Sand durch die Finger rinnen (»Sliding Through Our Fingers«), was auch die Cover-Art von Raf Rennie schön illustriert, bleiben nur noch wenige Artefakte von früher, mit denen man tatsächlich noch etwas anfangen kann. Da kann man nur hoffen, dass – sagen wir – im Jahr 2080 noch irgendwo eine verstaubte Kopie von »Infinite Window« auftaucht und gehört werden kann. Zudem hat dieser spezielle Blick zurück auch eine erstaunlich ermächtigende Seite, denn aus einer dystopischen Zukunft heraus betrachtet, geht es der Zivilisation mitsamt all ihrer Probleme heute sogar (noch) ganz gut.